Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das der deutsche Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer und seine französische Amtskollegin Rachida Dati auf den Weg bringen: die Entwicklung einer europäischen Medienplattform. Im Zentrum soll dabei das Internet-Angebot des deutsch-französischen Kulturkanals Arte stehen, dass zu einer solchen Medienplattform mit bis zu 24 Sprachen ausgebaut werden soll.
Vorgesehen ist „ein Streaming-Angebot in 24 Sprachen“, das „das nationale Rundfunk- und Medienangebot ergänzen und dabei auch neue Zielgruppen erreichen“ soll, teilte nach der Ankündigung von Weimer und Dati im Juni in Paris, anschließend die Webseite des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit. Angeboten werden sollen „Nachrichten und Dokumentationen, Filmen und Serien sowie innovative europäische Koproduktionen“. Ziel sei es, „Europas Stimme in der internationalen Medienlandschaft zu stärken und eine kritische und demokratische Öffentlichkeit zu fördern“. Europa müsse „seine Stimme der Freiheit in der Welt lauter hörbar machen“, erklärte Weimer in Paris.
Kein neuer Plan, aber stärkere Bereitschaft
Arte im Netz auszubauen, ist indes kein neuer Plan. Als der französische Staatspräsident Emmanuel Macron im Mai 2024 Deutschland besuchte, kündigte er bereits an: „Frankreich und Deutschland wollen Arte zur Plattform aller Europäer machen.“ Solche Bekenntnisse begrüßt Arte, was nicht überraschend ist: „Prinzipiell ist die politische Unterstützung für die europäische Entwicklung von Arte insbesondere in Deutschland und Frankreich sehr groß“, erklärt der Sender auf Anfrage.
Gerade in Deutschland ist in den vergangenen Monaten die Bereitschaft für einen Arte-Ausbau spürbar gewachsen. Im Koalitionsvertrag der Regierungskoalition von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) heißt es: „Wir unterstützen den Aufbau einer europäischen Medienplattform unter Einbeziehung von Arte.“ Rückhalt gibt es ebenso vom deutsch-französischen Ausschuss für Grenzüberschreitende Zusammenarbeit, der 2019 durch den Vertrag von Aachen zwischen beiden Ländern eingesetzt wurde.
Auch die Rundfunkkommission der Bundesländer, die für die Medienpolitik zuständig sind, unterstützt, Arte zu einem europäischen Angebot weiterzuentwickeln. So steht es auch in der Begründung des Reformstaatsvertrags zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ende 2025 soll das Vertragswerk in Kraft treten. Die Europaministerkonferenz der Bundesländer hat den Arte-Ausbau erst vor wenigen Wochen bekräftigt.
Plattform mit bis zu 24 Sprachen
Hinter Arte stehen auf deutscher Seite ARD und ZDF. Sie sind mit je 50 Prozent an der Arte Deutschland TV GmbH beteiligt. Seit 2024 arbeiten ARD und ZDF gemeinsam an einem Betriebssystem für ihre Streaming-Aktivitäten. Dabei haben sie auch eine europäische Ausrichtung im Blick. Dadurch könnte aus Sicht der ARD auch „die digitale Souveränität Europas“ gestärkt werden. Eine BKM-Sprecherin verweist auf mehr Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten, um Kräfte zu bündeln, nicht zuletzt weil die finanziellen Mittel begrenzt seien.
Arte sieht sich jedenfalls auf gutem Weg, eine Plattform mit Inhalten in 24 Sprachen aufzubauen. So sei ein „Proof of Concept“ entwickelt worden. Damit ist gemeint, dass das Ziel technisch und praktisch umsetzbar ist. Durch einen solchen Ausbau könnte der Programmkatalog in den einzelnen Sprachangeboten erweitert werden. Es gehe auch um „neue Formate im dokumentarischen, informativen, fiktionalen und kulturellen Bereich“. Sie sollen „insbesondere auch junge Nutzerinnen und Nutzer in ihrer täglichen Lebenswelt ansprechen“.
Vorgesehen sei nicht nur die Übersetzung von Inhalten, sondern insbesondere auch „eine gezielte Lokalisierung der Angebote“, erklärt Arte. Der Sender nennt hierfür etwa „die Kooperation mit dem breiten Netzwerk an europäischen Partnersendern, Produktionsfirmen sowie Film- und Kulturschaffenden in den europäischen Zielländern“. Schon heute arbeitet Arte mit zwölf europäischen öffentlichen Rundfunkanstalten bzw. Filmfördereinrichtungen zusammen.
2015 begann Arte außerdem damit, die Inhalte neben Deutsch und Französisch auch in weiteren Sprachen anzubieten – über eine Untertitelung der Sendungen, zunächst in Englisch und Spanisch. Polnisch folgte 2016, zwei Jahre später Italienisch. Um Inhalte in diesen vier Sprachen zu untertiteln und zu verbreiten, erhält der Kulturkanal nach eigenen Angaben von der EU-Kommission zwei Millionen Euro pro Jahr.
Ohne EU-Förderung geht nichts
Um Arte im Netz zu einer europäischen Medienplattform zu machen, wird es vor allem auf die Brüsseler Kommission ankommen. Von dort soll es, so sieht es die Politik in Deutschland und Frankreich, mehr Fördergeld geben – sonst lässt sich der Ausbau kaum umsetzen. Dafür Rundfunkbeitragsgelder einzusetzen, schließen die Bundesländer jedenfalls aus. Arte selbst strebt „eine höhere und nachhaltigere Förderung der Europäischen Union“ an, und zwar über den EU-Finanzrahmen von 2028 bis 2034. Auch die BKM-Sprecherin sagt, die Einbeziehung der EU sei „bei einem europäischen Plattform-Projekt essentiell“. Die finanziellen Möglichkeiten der EU stünden aber noch nicht fest. Insbesondere werde der mehrjährige Finanzrahmen ab 2028 noch verhandelt.
Auf die Frage, ob es für den angestrebten Arte-Ausbau auch Gelder aus dem Sondervermögen des Bundes unter anderem für Infrastruktur geben könnte, erklärt die BKM-Sprecherin: „Dazu gibt es bisher keine Überlegungen.“ Nächster Schritt ist nach BKM-Angaben nun, dass Deutschland und Frankreich zusammen mit Arte und den nationalen Sendern ein gemeinsames Konzept für den geplanten Ausbau erarbeiten.