Oberfränkische Lösung verhindert WAZ-Einstieg

„Fränkischer Tag“ von E. C. Baumann übernommen

Im Viereck zwischen Bayreuth, Bamberg, Kulmbach und Coburg soll alles so bleiben wie es ist. Obwohl, oder besser: Gerade weil das Zeitungshaus „Fränkischer Tag“ die Mehrheit am Druck- und Verlagsunternehmen E. C. Baumann übernommen hat. Der viel gepriesenen „oberfränkischen Lösung“ werden vermutlich dennoch Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Besonders im Bereich Druck bei Baumann und bei der Mantelredaktion des „Fränkischen Tags“ machen sich die Kollegen Gedanken.

Der „Fränkische Tag“ mit Sitz in Bamberg hat seine Position in der nordbayerischen Zeitungslandschaft gestärkt, denn nun gehören ihm auch die beiden Baumann-Blätter „Bayerische Rundschau“ in Kulmbach und „Coburger Tagblatt“. Zu Baumann gehören außerdem eine Rollenoffsetdruckerei, eine Bogenakzidenzdruckerei und ein Fachverlag – insgesamt 450 Beschäftigte. Anfang des Jahres feierte der Baumann-Verlag sein 100-jähriges Bestehen. Durch die beiden Baumann-Zeitungen mit einer gemeinsamen Auflage von 31.000 Exemplaren erhöht sich die Gesamtauflage beim „Fränkischen Tag“ jetzt auf rund 106.000 Exemplare täglich. Es sei, so der geschäftsführende Herausgeber des „Fränkischen Tags“, Helmuth Jungbauer, dem Kulmbacher Verleger Horst Uhlemann hoch anzurechnen, dass er den Lockrufen der kapitalstarken, überregional agierenden Konzerne nicht stattgegeben habe.

Suche nach Synergieeffekten

Gemeint ist der WAZ-Konzern, der bereits seit Jahren versucht, in Oberfranken Fuß zu fassen. „Für die oberfränkische Zeitungslandschaft ist der Einstieg vom „Fränkischen Tag“ bei Baumann eine ganz vernünftige Lösung. Vor allem, weil so der Einstieg der WAZ in die Region verhindert worden ist,“ meint auch Annette Thiem-Lindner vom ver.di-Bezirk Oberfranken-Ost. Ausserdem hätte Baumann so nicht mehr überlebt, schätzt sie die Situation ein. „Wir haben sehr knapp vor der Insolvenz gestanden,“ bestätigt Dieter Ziegelmüller, Betriebsratsvorsitzender bei Baumann.

Nachdem Anfang März das Bundeskartellamt der Mehrheitsbeteiligung zustimmte, wird derzeit das Redaktionssystem vom „Fränkischen Tag“ bei den Baumann-Blättern eingeführt, und es werden die verschiedenen Geschäftsbereiche „durchleuchtet“. In einem Brief des neuen Verlegers an die Belegschaft heißt es, es werde „das Bemühen des „Fränkischen Tags“ sein, alle sich anbietenden Synergie-effekte konsequent zu nutzen“. Was genau das heißt, ist noch nicht bekannt, aber spekuliert wird unter den Mitarbeitern natürlich schon – besonders über den Bereich Druck bei Baumann und über die Mantelredaktion beim „Fränkischen Tag“ selbst.

Betriebsräte wollen Klarheit

Für den „Fränkischen Tag“ erstellen sieben Redakteure den Mantel für die sechs Lokalausgaben. Die beiden Baumann-Blätter wiederum beziehen ihren Mantel vom „Ring Nordbayerischer Tageszeitungen“ (RNT), zu dem auch der „Nordbayerische Kurier“ in Bayreuth und das „Obermain-Tagblatt“ in Lichtenfels gehören. Beim RNT, mit 14 Redakteuren, hält es jetzt mancher für eine logische Folge, dass der „Fränkische Tag“ über kurz oder lang den RNT verlässt und seine Baumann-Blätter von der eigenen Mantelredaktion beliefern lässt. Ein Ausstieg der Baumann-Blätter aus dem RNT würde aber vermutlich nicht nur dessen Ende, sondern vielleicht auch das Aus für die beiden anderen RNT-Partner „Nordbayerischer Kurier“ und „Obermain-Tagblatt“ bedeuten. Vorausgesetzt, es finden sich keine neuen Partner. Alle zusammen, die vier RNT-Blätter und der „Fränkische Tag“ kooperieren daneben noch bei der Anzeigengemeinschaft „Zeitungsring Oberfranken“. Die Auflösung dieser Strukturen kann kaum im Interesse des „Fränkischen Tags“ sein, dessen Verbleib im RNT Verleger Helmuth Jungbauer auch beteuert. Bleibt die Mantelredaktion beim „Fränkischen Tag“, befürchtet Annette Thiem-Lindner Personalkürzungen. Und der ver.di-Betriebsratsvorsitzende beim „Fränkischen Tag“, Karl-Heinz Kaiser, weiß, dass „sich im Moment alle in der Redaktion Gedanken machen“.

Noch enger könnte es für den Druck-Bereich bei Baumann werden. Der kämpft schon seit ein paar Jahren ums Überleben, nachdem mehrere Großaufträge weggebrochen waren. Rund 160 Mitarbeiter hat der Bereich Druck bei Baumann insgesamt noch. „Die Zeitungsrotation bei uns ist 20 Jahre alt und nur mit tricksen ist ein Vierfarbendruck möglich,“ erzählt Werner Joppek, ver.di-Betriebsrat bei Baumann. Beim „Fränkischen Tag“ dagegen steht eine moderne CtP-Anlage.

Demnächst wollen sich die Betriebsräte vom „Fränkischen Tag“ und von Baumann mal zusammensetzen, und im Laufe des April soll ein Gespräch mit der Geschäftsleitung des „Fränkischen Tags“ für mehr Klarheit darüber sorgen, wie viel wirklich so bleibt wie es ist.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »