Leserbrief: Technik für einfache Veröffentlichungen

Pro & Contra: Blogs – „Blogs sind kein Journalismus“ in «M» 12 / 2004 – 01 / 2005

Holger Wenks Behauptung, Blogs seien kein Journalismus, ist etwa so sinnvoll wie zu sagen, Redaktionssysteme seien kein Journalismus. Weblogs sind erst einmal eine Technik, die es ihren Betreibern so einfach wie nie zuvor möglich macht, zu veröffentlichen. …

Blogs, so Wenk, hätten den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl nicht so gut vorausgesehen wie traditionelle Medien und Wettbüros. Die Blogs als Gesamtheit? Einzelne ausgewählte? Mit welchen Mitteln hätten sie es tun sollen? Haben sie (wer ist das überhaupt: Sie?) behauptet, dass sie es könnten? Müssen sich Blogger, weil sie unter Umständen Trends auf ihrem Fachgebiet früher erkennen als traditionelle Medien, von nun an daran messen lassen, ob sie Wahlausgänge vorhersagen können? Schon hier verlässt Wenk den Boden einer nachvollziehbaren Diskussion, weil er nur behauptet, nichts belegt und erst recht nicht begründet, was er damit sagen will. Aber es kommt noch besser.

Wenk schreibt weiter: „Ein subjektiver Blogger ist nur sich selbst verpflichtet, hat nichts zu verlieren – außer seinem Selbstwertgefühl.“ Und seiner Glaubwürdigkeit, möchte ich hinzufügen, so wie „traditionelle“ Medien auch. Nur, dass er erst gar keinen Vorschuss hatte und sich in einem Meer anderer Stimmen einen herausgehobenen Platz erst erkämpfen muss, um wahrgenommen zu werden. Ganz im Gegensatz zum Journalisten, der nach Wenks Ansicht seinen Job verliert, wenn er nur seinem Gefühl folgt, nur seine Meinung wieder gibt. Es sei denn, diese von keinen Fakten untermauerte Meinung gibt die von der Redaktionsleitung ausgegebene These wieder, die es zu untermauern gilt.

„Ist also jeder Laie berufen, journalistisch eine Art Gegen-Öffentlichkeit zu schaffen? Mitnichten! Journalisten in einer demokratischen Gesellschaft sind dazu berufen, möglichst objektiv- oder entsprechend nachvollziehbarer Kriterien der Medienbesitzer (Tendenz) – die Realität widerzuspiegeln.“ Oh jeh, … Über Objektivität verliere ich besser gar kein Wort; vielleicht hat er einfach nicht bemerkt, dass dieses Konstrukt in seriösen Diskussionen über Journalismus nichts zu suchen hat. …

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »

Medienkompetenz live und vor Ort

Daß Medienkompetenz nicht nur digital, sondern auch im real life vermittelt werden kann  zeigt ein Projekt aus Berlin. Durch aktive Medienarbeit möchte das Meko Neukölln Kinder und Jugendliche darin stärken, ihre Stimme zu erheben, sich einzubringen und an der Gesellschaft teilzuhaben. Die Angebote sollen die Teilnehmenden befähigen, sich selbst auszudrücken und ihre Sichtweisen und Erfahrungen zu teilen.
mehr »

Erziehung zur digitalen Mündigkeit

Wie kann man Kinder und Jugendliche bei der Social-Media-Nutzung vor Gefahren wie Cybergrooming oder -mobbing schützen, ohne ihnen Teilhabe- und Befähigungschancen in der digitalen Welt zu verbauen? Die aktuelle Debatte wird hitzig geführt. Antworten reichen von einem Verbot für Tiktok, Instagram und Co für unter 16-Jährige bis hin zur Stärkung von „digitaler Mündigkeit“ der User und rechtlicher Regulierung der Anbieter.
mehr »