Berufsstand runtergewirtschaftet

„Werbeverbot?“ in «M» 09–10/05

 Angesichts der Verhaftungen bzw. Entlassungen bildschirmbekannter Ereignisverkäufer und „Schleich“werbungsfinanziers waren bei ARD und ZDF für ein paar Tage öffentlich-rechtliches Distanzieren und „unnachgiebige Härte“ beim Ausmerzen derartiger Praktiken angesagt.

Dabei waren es doch gerade die Chefs der TV-­Sender, die für den Verfall journalistischer Sitten in diesen Medien die Verantwortung trugen. Das früher „eherne“ Gesetz der Trennung von Redaktion und Verkauf (Werbung) wurde angesichts der bestehenden Finanzierungsproblematik bei den Sendern schamlos über Bord geworfen. Mittlerweile hat man die Bildschirmjournalisten (auch einstmals seriöse und res­pektable) zu Marktschreiern vom Fischmarkt gemacht, … Durch diese Schaffung des nervenden und unerträglichen „TV-Journalistenverkäufers“ hat man einerseits bei den Hörern und Sehern das Vertrauen in die Seriösität des Berichteten und des Berichtenden unterminiert und andererseits das Überschreiten der Grenzen ein­facher gemacht. Nach dem Motto: „Wenn ich schon meinen redaktionellen Bericht mit von oben gewünschter Eigen- und Fremdwerbung durchmischen muss, dann kann ich das auch genauso gut auf eigene Rechnung machen!“ Also wird man sich doch in den Chefetagen der Sender nicht im Ernst über das Geschehene gewundert haben und ich nehme den dafür Ver­antwortlichen daher auch nicht eines ihrer diesbezüglichen mea culpas ab. Das Verhalten der „Öffentlich-Rechtlichen“ ist auch gerade deshalb besonders anwidernd, weil sie für sich immer die Pflege eines sauberen und seriösen Journalismus gegenüber den Privaten reklamieren. Da kann sie dann auch nicht entlasten, wenn ein „Mobiltelefonverkaufs – und Quizsender“ aus München unter dem irreführenden Logo DSF (Deutsches Sport Fernsehen) firmiert. Bei dessen Life-„Sport“ übertragungen bekommt der Seher/Hörer durch die Werbeüberblendungen und das nervende Verkaufsgequassel des (armen) Verkäuferreporters kaum noch etwas von dem eigentlichen Event mit (s. Radsport bzw. die vergangenen Übertragungen der UEFA-Cup-Spiele).

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland. Immerhin sorgte die große Protestwelle der letzten Monate, die vielen Demonstrationen für Demokratie dafür, dass die AfD-Ausbeute an den Wahlurnen nicht noch üppiger ausfiel. Noch Anfang…
mehr »