Übernahmebeiträge müssen honoriert werden

„Südwest Presse“ geht Vergleich mit freiem Fotografen ein

Wenn ein Verlag verschiedene Tageszeitungen besitzt, darf er die Fotos aus einer Lokalausgabe nicht in der anderen Lokalausgabe veröffentlichen, ohne ein entsprechendes Honorar zu bezahlen. Diese für manche Abonnementzeitungen und deren Anzeigenderivate herbe Wahrheit hat nun auch die „Südwest Presse“ in einem Vergleich akzeptiert.

Unter dem Kopf der „Südwest Presse“ (SWP, Neue Pressegesellschaft Ulm/Donau) erscheint die „Nordwürttembergische Zeitung“ (NWZ) mit Sitz in Göppingen. Die SWP betreibt im selben Landkreis auch die „Geislinger Zeitung“. Diese übernahm Fotos von der NWZ und zahlte nicht. Auch Bildbeiträge im örtlichen „Wochenblatt“ des Verlages wurden nicht honoriert. Ein freier Fotograf ging vor Gericht. Hartmut Staiger, Verlagsleiter bei der SWP, argumentierte beim ersten Termin vor dem Arbeitsgericht in Ulm, solcherlei Übernahmen seien nicht nur üblich, sondern auch honorarfrei. Es handele sich schließlich um dieselbe Zeitung.

Das Arbeitsgericht erklärte sich zwar zuständig für arbeitnehmerähnliche freie Journalisten, aber nicht für Urheberrechtsfragen. So verhandelte das Stuttgarter Landgericht mit einer speziellen Zivilrechtsabteilung. Der studierte Mediendesigner war seit 1992 für die NWZ tätig, fürs Foto erhielt er 30 Mark. Fünf Jahre später wandte er sich schließlich um Rechtsschutz an die IG Medien.

Urheberrechtlich, so IG-Medien-Anwalt Hans-Albert Stechl aus Freiburg, sei das Kooperationsverhältnis NWZ – „Geislinger Zeitung“ bedeutungslos, es gebe keine entsprechende Vereinbarung.

Die „Südwest Presse“ räumte daraufhin eine Entschädigung von 800 Mark ein. Der Betrag reiche aus, denn „jeder Urheber“ der NWZ, so die SWP-Rechtsanwältin Barbara Scarafia, wisse, „daß seine Werke auch in der ,Geislinger Zeitung‘ verwertet werden“. Der Fotograf und die IG Medien konterten mit einem Schreiben, das der Fotograf bereits vor zwei Jahren an die SWP richtete und in dem er die Honorarempfehlungen der Mittelstandsvereinigung Foto-Marketing geltend machte. Demnach hätte ein Bild 130 Mark gekostet.

Aber, so Scarafia, solche Preise könnten höchstens „in der Industrie oder bei Werbefotos gezahlt werden“. Unserem Fotografen bleibt immerhin der Anspruch aufs Tarifhonorar, das 1998 im Zweitdruckrecht bei minimal 48,80 Mark plus Mehrwertsteuer lag. Immerhin bot die SWP dann eine Abschlagszahlung von 2000 Mark an.

Ansprüche rechtzeitig geltend machen

Der Fotograf machte beim Arbeitsgericht Ulm entsprechend der Honorartabelle der Mittelstandsgemeinschaft 35700 Mark geltend. Scarafia hielt den Kooperationsvertrag dagegen; der Verlag könne demzufolge einen Vertrag mit einem Fotografen nicht eingehen, wenn dieser Vertrag den Kooperationsvertrag verletze. Nach der Zweckübertragungslehre des Urheberrechtsgesetzes seien nämlich „immer die Rechte des Urhebers eingeräumt, die zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich sind“. Daher könnten die Bilder gleichzeitig und kostenlos in der „Geislinger Zeitung“ verwendet werden. Außerdem sei die Honorartabelle der Mittelstandsgemeinschaft „keineswegs anerkannt“.

Bemerkenswert ist die Formulierung von Scarafia, daß nach dem Tarifvertrag für freie Journalisten an Tageszeitungen „Ansprüche bis zum Ablauf des dritten Monats nach demjenigen Monat schriftlich geltend gemacht werden müssen, in dem der freie Journalist eine Abrechnung erhalten hat“. Diese Frist „hat der Kläger nicht eingehalten“. Dies ist tatsächlich so: Mit Ansprüchen an den Verlag kann man nicht so lange warten, bis man „die Schnauze voll“ hat. Im Vergleich einigten sich der Fotograf und die SWP auf eine Einmalzahlung von 8800 Mark.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

BVerfG stärkt Rundfunkfreiheit

Eine Hausdurchsuchung im Jahr 2022 bei einem Redakteur des freien Radios Radio Dreyeckland in Freiburg verstieß gegen die Pressefreiheit und war verfassungswidrig, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Damit kippt das höchste Gericht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »

Aktivrente: Keine Option für Freie

Ein Bestandteil des derzeit kontrovers diskutierten “Rentenpakts” ist die sogenannte Aktivrente. Wer trotz Ruhestand weiter erwerbstätig ist, bekommt einen Steuerbonus. Doch das geplante Gesetz enthält eine Schieflage: Freie Journalisten oder Autorinnen sind wie andere Selbstständige von der Regelung ausgenommen.
mehr »