Monopoly unter Verwandten

Die neue KirchMedia-Familie

Noch vor wenigen Jahren hätte der Deal dicke Schlagzeilen gemacht, jetzt aber war er nur noch gut für einen Einspalter. Dabei ist der Akt auch ohne die Prominenz der Akteure ungewöhnlich: Vater übernimmt Firma vom Sohn. Das entspricht eben nicht dem alten Beispiel aus dem Journalismus-Handbuch: Hund beißt Mann, sondern Mann beißt Hund. Dennoch hat’s die Journalisten kaum interessiert. Was besagen schon alte Regeln? Nach anderen alten Regeln hätte der Deal gar nicht vollzogen werden dürfen. Aber auch die gelten nicht mehr. Zur Sache.

Leo Kirch hat ein neues Verhältnis. Hatte er bislang nur die Vaterschaft zu seinem Sohn nie bestritten, aber jegliche Geschäftsbeziehung, so sind die beiden jetzt auch Geschäftspartner. Vater Leo hat dem Sohn Thomas seine Mehrheitsbeteiligung an der PRO Sieben Media AG abgenommen. Der Sohn ist nun fast arbeitslos, und der über 70jährige Vater muß noch mehr arbeiten. In anderen Familien ist in diesem Alter in aller Regel der Zeitpunkt erreicht, zu dem die Alten aufs neue Teil rutschen, und die Söhne die oft zu großen Schuhe der Alten anprobieren. Familie Kirch vollzieht die Rolle rückwärts. Was bislang der Sohn eigenständig (!) gemacht hat, erbt nun der Vater.

Vor zwei Jahren hatte der Sohn noch selbst arbeiten müssen, denn damals verhinderten die konzentrationsrechtlichen Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages, daß der Vater das wohl auch damals schon von ihm selbst begehrte Gut übernahm. Nachdem diese rigiden Vorschriften mit der weißen Salbe des neuen Rundfunkstaatsvertrages übertüncht worden sind, darf der Vater nun auch beim renditestarken Sender ran, obwohl er mit SAT.1, dem DSF und Premiere World und sonstigen kleinen und vor allem großen Unternehmen schon bislang in der Medienwelt Präsenz gezeigt hat. Präsent war er vor allem für Journalisten freilich nie. Und gerade dies sowie seine Neigung zum Understatement und Versteckspiel reizte deren Recherche-Drang und Leo Kirch spielte Monopoly – freilich nach seinen eigenen Regeln. Neue Hotels bzw. Unternehmen wurden aufgestellt, aber ohne Namensschild. Nur bei der Betastraße in Unterföhring wurde der Besitz nicht verschwiegen.

Es war zwar nicht gerade Einsicht, als Kirch in diesem Jahr begann, Transparenz über seine Besitzungen herzustellen, denn Einsicht zu geben oder gar Einsicht zu zeigen, war nie Kirchs Ding. Es ging vielmehr darum, seinen Konzern börsenfähig zu machen. Die Börse aber verlangt Transparenz. Das hatten zwar zuvor auch schon die Medienpolitik und die Medienaufsicht getan, doch die waren eher Gegner. Die erhofften künftigen Miteigner aber sind Freunde, denen die Bücher – oder zumindest ausgewählte – geöffnet werden.

Und zu diesen neuen Geschäftsfreunden zählt nun auch Sohn Thomas. Was der Vater dem Sohn für sein größtes Spielzeug gezahlt hat, blieb familienintern. Vielleicht war’s wegen alter Ansprüche untereinander auch kostenlos, also fast wie unter Brüdern. Gezahlt hat in jedem Fall die KirchMedia. Auch das hört sich zwar nach linker Tasche, rechter Tasche an, stimmt aber nicht ganz. Einen Teil der Kirch Media hat Kirch senior kürzlich an andere neue Geschäftsfreunde veräußert: an Silvio Berlusconi, die Lehman Brothers und den Saudi-Prinzen Al Waleed. Das klingt zwar wie im Märchen, hat aber real gut eine Milliarde Mark eingebracht. Die Betastraße ist eben nicht die Badstraße und auch mehr wert als die Schloßallee. Und diese neuen Freunde dürfen nun zahlen, denn die Aktien von Pro Sieben gingen an die KirchMedia – oder blieben als Sicherheit in Banktresoren, vielleicht gar bei derselben Bank. Hat sich überhaupt etwas geändert?

Vielleicht war das Desinteresse der Journalisten doch begründet.

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