Dithmarscher Landeszeitung missachtet Vergütungsregeln
„Der Verlag Boyens ist nach Gutsherrenart mit mir umgesprungen“, empört sich Volker Stahl. Als freier Journalist hat er seit 1996 regelmäßig für die Dithmarscher Landeszeitung in Heide über Ereignisse in Hamburg berichtet: Sport, Politik, Buntes. Jetzt erhält er noch nicht einmal eine Antwort darauf, warum plötzlich kein Text mehr von ihm gedruckt wird, keine Aufträge kommen und keine Angebote angenommen werden.
30 bis 40 Mal habe er versucht anzurufen. Doch Chefredakteur Gerhard Wagner ebenso wie Verlagschefin Inken Boyens sind nie zu sprechen. „Für mich ist das enttäuschend“, gesteht Stahl.
Hintergrund für den sprachlosen Rauswurf ist eine rechtmäßige und vertragsgemäße Honorarerhöhung. Seit Februar 2010 gelten auch für das Schleswig-Holsteinische Regionalblatt die „gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen“, denen Gewerkschaften und Verleger zugestimmt haben. Für Volker Stahl schien das zunächst der Durchbruch zu sein, endlich fair für seine Arbeit bezahlt zu werden. Zuvor gab es 15 Cent pro Zeile und 15,34 Euro für jedes Foto – ein Entgelt, von dem sich kaum jemand ernähren kann. Mit der neuen Vereinbarung stieg das Zeilenhonorar schlagartig auf 61 Cent. Der Hamburger Reporter verlangte dann im Frühjahr vergangenen Jahres eine entsprechende Nachzahlung für die Texte, die seit Anfang Februar bereits erschienen waren. „Da passierte erstmal gar nichts“, erinnert sich Stahl. „Erst mit Hilfe von ver.di kam dann die Nachzahlung.“
Doch Aufträge kamen seitdem nicht mehr aus Heide. „Ich hatte zuvor im Durchschnitt zwei bis fünf Geschichten pro Monat im Blatt“, berichtet der Autor. Von Redakteuren habe er erfahren, dass sein zu Recht eingefordertes Honorar in der Chefetage als „unverschämte Forderung“ gewertet worden sei. Chefredakteur Wagner ebenso wie die Verlagsleiterin waren für Nachfragen von M zu dem Thema nicht zu sprechen. Die Verlegerin befand sich nach Angaben ihrer Bürodame stets in Besprechungen und danach im Urlaub. Vier telefonische Versuche bei Wagner blieben erfolglos. An sein Handy ging er nicht ran und eine E-Mail blieb unbeantwortet. Auf die Bitte nach einem Rückruf von Herrn Wagner folgte die Antwort aus dem Vorzimmer: „Ich glaube nicht, dass er das macht.“
ver.di-Sekretär Martin Dieckmann in Hamburg sieht die Verlage eindeutig in der Pflicht, sich an die neuen Tarife zu halten. Aus Schleswig-Holstein sei ihm bislang kein weiterer Fall dieser Art bekannt geworden, sagt er. Anderen Freien, die von Verlagen unter Druck gesetzt werden, auf das neue Honorar zu verzichten, rät er: „Sie sollen gemeinsam mit uns ihre Ansprüche geltend machen.“