EU-Kommission muss TV-Finanzierung prüfen

Die EU-Kommission muss die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks künftig gründlich prüfen. Dies entschied Anfang Mai das Europäische Gericht Erster Instanz (EuG) in Luxemburg. Erfolg hatte dort eine Klage des privaten portugiesischen Fernsehanbieters SIC.

Gestritten wurde um die Finanzierung der öffentlichen portugiesischen TV-Gesellschaft RPT. Diese erhält neben der Werbefinanzierung auch Zuschüsse aus dem Staatshaushalt, die 15 bis 20 Prozent ihres Haushalts decken. Mitte der 90er-Jahre beschwerte sich hiergegen der rein werbefinanzierte Konkurrent SIC. Bei der EU-Kommission in Brüssel monierte er eine „Wettbewerbsverzerrung“. Die Kommission lehnte jedoch die Beschwerde der Privatfunker ab. Es liege schon keine „Beihilfe“ im Sinne des EU-Vertrags vor, weil die RPT aus den Zuschüssen keinen „wirtschaftlichen Vorteil“ ziehen konnte. Denn mit dem Staatsgeld seien ausschließlich Aufgaben im öffentlichen Interesse finanziert worden, etwa die Unterhaltung von Orchestern, Archiven oder des portugiesischen Sprachendienstes für Afrika.

Die Entscheidung der EU-Kommission haben die Luxemburger Richter jetzt für „nichtig“ erklärt. Die Kommission hätte den Fall nicht bereits nach der Vorprüfung abschließen dürfen, da der Fall „ernste Schwierigkeiten“ aufwerfe. Jetzt muss die Kommission eine formelle Prüfung einleiten. Wie diese Prüfung auszugehen hat, ließ das EuG offen. Es stellte allerdings fest, dass es sich bei den Zuschüssen des portugiesischen Staates durchaus um „Beihilfen“ handele. Die „gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen“ der RPT könnten nur bei der Frage berücksichtigt werden, ob die Beihilfen genehmigungsfähig sind.

Nimmt man diese Entscheidung ernst, könnte die EU-Kommission künftig in allen Fragen der TV-Finanzierung mitsprechen und damit großen Einfluss ausüben. Der Genehmigung bedürfte dann wohl auch jede Erhöhung der deutschen Rundfunkgebühren oder die Einrichtung neuer öffentlich-rechtlicher Sender. Eine Entwicklung die vom Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) ausdrücklich begrüßt wird. Der VPRT hatte 1997 bereits gegen die Gebührenfinanzierung des Politikprogrammes Phoenix und des Kinderkanals bei der Kommission Beschwerde eingelegt, im Ergebnis allerdings ohne Erfolg.

Schon damals hatte die Kommission die deutschen Rundfunkgebühren als „Beihilfe“ eingestuft (und diese für die zwei neuen Spartensender genehmigt). Aus deutscher Sicht ist deshalb vor allem neu, dass diese rechtliche Einschätzung nun auch gerichtlich bestätigt wurde. Gegen das Urteil des Europäischen Gerichts Erster Instanz kann noch binnen zwei Monaten Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof (EuGH), der sich ebenfalls in Luxemburg befindet, eingelegt werden. Az: T-46/97

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