Jugendmedienschutz am Ende?

Bei Kino, DVD und Fernsehen funktioniert der Jugendmedienschutz nach wie vor tadellos: Die Freiwillige Selbstkontrolle Filmwirtschaft (FSK) prüft jeden Kinofilm, der auf den Markt will und im Fernsehen sorgt die FSF für Sendezeitbeschränkungen. Im Internet aber darf jeder Anbieter sein Programm selbst kennzeichnen. Gleiche Inhalte, unterschiedliche Regulierungsweise und dann womöglich noch verschiedene Ergebnisse: So wird Jugendschutz unglaubwürdig.

Hinzu kommt: Die klassischen Medien werden mittlerweile vorrangig von Erwachsenen genutzt; Jugendliche hingegen bewegen sich bevorzugt im Internet, und dort genügt es, wenn ein TV-Sender oder ein Streamingdienst eine Kennzeichnung im Sinne des technischen Jugendschutzes vornehmen. Hier hat es sich der Gesetzgeber mit dem neuen Staatsvertrag zu einfach gemacht, weil der technische Jugendschutz der kleinste Nenner war, auf den sich die Medienpolitiker_innen der verschiedenen Parteien einigen konnten. Die dafür nötige Software Jusprog ist aber seit dem Scheitern des ersten Anlaufs zu einem neuen Staatsvertrag vor sieben Jahren weder weiterentwickelt noch beworben worden. Das Instrument kann jedoch nur funktionieren, wenn es auf dem neuesten Stand und einer breiten Öffentlichkeit bekannt ist. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, jeden kommerziellen Internet-Anbieter von bewegten Bildern für ein breites Publikum genauso zu behandeln wie Unternehmen, die Kinofilme auf DVD herausbringen. Das DVD-Geschäft wandert ohnehin mehr und mehr ins Internet, also sollte es dort den gleichen Regeln unterworfen werden.

Das Problem liegt allerdings viel tiefer. Seit Jahren streiten sich Bund und Länder über ihre Kompetenzen. Anstatt sich gemeinsam zu fragen, welche Form des Jugendmedienschutzes in der heutigen Zeit sinnvoll wäre, denkt jeder nur an seine eigenen Interessen; sämtliche Bundesländer setzen jeweils eigene Schwerpunkte. Deshalb tritt der Jugendschutz seit Jahren auf der Stelle, weil neue Gesetze erst mal durch sämtliche Länderparlamente müssen, während sich der Angebotsbereich mit immer neuen technischen Möglichkeiten quasi täglich verändert. Eine Alternative zum Status quo wäre zum Beispiel ein Gesetzestext, der zwar bindende Grundsätze enthält, das Tagesgeschäft aber den entsprechenden Aufsichtgremien im Zusammenspiel mit den Einrichtungen zur Selbstkontrolle überlässt. Auf diese Weise könnte viel prompter auf die permanenten technischen Weiterentwicklungen reagiert werden.

Hilfreich aus Elternsicht wäre auch eine Modifizierung oder zumindest Ergänzung der bisherigen Freigaberegelung. Nach wie vor missverstehen viele Eltern die Altersfreigaben als Empfehlung und landen mit ihren Kindern beim Kinobesuch im falschen Film. Sinnvoller wären zusätzliche Altersempfehlungen inklusive eines kurzen Hinweises, warum ein Film für Kinder nicht geeignet ist, weil er beispielsweise Ängste schüren kann, Sexszenen enthält oder gewalttätig ist.

Weitere aktuelle Beiträge

Mit föderaler Förderung

In Niedersachsen gibt es erstmals eine Förderung von Qualitätsjournalismus aus Steuergeldern des Bundeslandes. In einer ersten Förderrunde hat die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) jüngst Gelder vergeben. 19 Medienunternehmen erhielten insgesamt rund 53.000 Euro, wie die NLM mitteilte. Damit werden nun Projekte zur Aus- und Fortbildung finanziell unterstützt. Doch wie sieht es in den anderen Ländern aus?
mehr »

Digitalabgabe könnte Schieflage ausgleichen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die vom Staatsminister Wolfram Weimer geäußerten Pläne für eine Digitalabgabe, die Big-Tech-Unternehmen mit digitalen Plattformdiensten in Deutschland zu entrichten hätten. Wie unter anderem der Spiegel berichtet, überlegt die Bundesregierung, eine Digitalabgabe einzuführen. Diese könnte Unternehmen wie Google und Meta dazu verpflichten, einen festen Prozentsatz ihrer Werbeeinnahmen abzuführen.
mehr »

Gleichstellungsbeauftragte im ÖRR stärken

Das Bekenntnis zur Gleichstellung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zeigt sich unter anderem im Vorhandensein von Gleichstellungsbeauftragten. Grundlage ist die jeweils entsprechende gesetzliche Regelung der Bundesländer, in denen die Sender angesiedelt sind. Gleichstellungsbeauftragte sollen nach dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG), die Beschäftigten vor Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechtes zu schützen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen.
mehr »

Die ganz große Verweigerung

Der  öffentlich-rechtliche Rundfunk war schon immer Hassobjekt der Rechten. Auf politischer Ebene wollen sie ihn abschaffen, am Stammtisch wird gegen ARD und ZDF gehetzt. In Sozialen Medien oder in Chatgruppen geht es richtig zur Sache. Dort treffen sich sogenannte Rundfunkverweigerer. Ralf Hohlfeld und Vivian Stamer beschäftigen sich an der Uni Passau mit den Bereichen Journalistik und Strategische Kommunikation. Für ihre Studie haben sich die beiden auf die Suche nach sogenannten Rundfunkverweigerern gemacht.
mehr »