Medienfreiheit auch in Demokratien bedroht

Reporter ohne Grenzen: Pressefreiheit weltweit in 2017

Medienfeindliche Rhetorik führender Politiker, restriktive Gesetze und politische Einflussnahme in Demokratien haben zu einer Verschlechterung der Lage für Journalisten und Medien weltweit beigetragen. Das geht aus der Rangliste der Pressefreiheit 2017 hervor, die Reporter ohne Grenzen (ROG) heute veröffentlicht hat.

In Ländern wie den USA, Polen oder Großbritannien tragen Spitzenpolitiker ihre Geringschätzung gegenüber Journalisten offen zur Schau. Zur weltweiten Verschlechterung hat auch das rücksichtslose Vorgehen der Regierungen in Ländern wie Ägypten oder Burundi beigetragen. In der Türkei hat sich die Lage für Journalisten und Medien im Zuge einer beispiellosen Repressionswelle seit dem Putschversuch im vergangenen Sommer erneut verschlechtert. In Kriegs- und Krisenländern wie Syrien, Libyen oder dem Jemen sind Journalisten unverändert tödlichen Gefahren von allen Seiten ausgesetzt.

„Besonders erschreckend ist, dass auch Demokratien immer stärker unabhängige Medien und Journalisten einschränken, anstatt die Pressefreiheit als Grundwert hochzuhalten“, sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. „Demokratische Regierungen dürfen den Autokraten der Welt durch Überwachungsgesetze oder demonstrative Geringschätzung unabhängiger Medien keinen Vorwand für ihre Repression gegen Journalisten liefern.“

In knapp zwei Dritteln der 180 untersuchten Länder hat sich die Situation im vergangenen Jahr verschlechtert. Dazu haben die Entwicklungen in demokratischen Ländern beigetragen. Immer wieder haben Politiker Journalisten verbal angegriffen und Regierungen Gesetze verabschiedet, die Überwachungsbefugnisse der Geheimdienste ausbauen und Whistleblower bedrohen.

Deutschland hält sich unverändert auf Platz 16. Im vergangenen Jahr waren Journalisten erneut erschreckend vielen tätlichen Angriffen, Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Immer wieder geraten Medienschaffende ins Visier von Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdiensten. Bedenklich sind auch gesetzliche Regelungen wie die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, der neu geschaffene Anti-Whistleblower-Paragraf gegen „Datenhehlerei“ und die neue BND-Gesetzgebung.

Zur vollständigen Pressemitteilung

Fotos für  die Pressefreiheit

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Journalistische Rolle: Mächtige kontrollieren

Der Journalismus steht in der digitalisierten Gesellschaft besonders unter Druck, wenn er seine demokratische Aufgabe, Öffentlichkeit herzustellen, weiterhin erfüllen will. Das beeinflusst auch Rollenverständnis und Werteorientierung der Medienschaffenden. Nach einer aktuellen Studie zur Profession in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist den meisten Journalist*innen heute ihre Kontrollfunktion als „Watchdog“ der Mächtigen am wichtigsten.
mehr »

Koalitionsvertrag: Details zu Presse und Medien

Am 9. April haben CDU/CSU und SPD als Grundlage für ihre mögliche Zusammenarbeit als neue Regierung den in den vergangenen Wochen verhandelten Koalitionsvertrag vorgestellt. Wir dokumentieren einige Details zum Bereich Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk, Medien- und Netzpolitik, sowie zu Digitalisierung und Medienkompetenz.
mehr »

Medienrat: Chance für den ÖRR

Der Medienrechtler Wolfgang Schulz hält es grundsätzlich für positiv, einen Medienrat zu schaffen, der evaluiert, ob die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Auftrag insgesamt erfüllen. Es sei „eine gute Idee“ eine Institution zu haben, die gesamthaft die Entwicklung der Rundfunkanstalten in den Blick nehme, erklärt Schulz, Vorstandsvorsitzender des Leibniz-Instituts für Medienforschung Hans-Bredow-Institut (HBI).
mehr »

Die unendliche Krise des RBB

Der Schock sitzt nach wie vor tief. „2025 wird ein Schicksalsjahr für den RBB“, so die unfrohe Botschaft von Intendantin Ulrike Demmer Ende Januar auf einer Informationsveranstaltung vor der fassungslosen Belegschaft. Was folgte, war ein radikales Sanierungsprogramm für den Sender. Insgesamt 22 Millionen Euro will die Geschäftsleitung am Personal- und Honoraretat einsparen. Das entspricht 10,2 Prozent der bisherigen Aufwendungen und ziemlich genau 254 Vollzeitstellen.
mehr »