Münchener Abendzeitung entlässt ein Viertel ihrer Mitarbeiter
Um Geld in die Kasse zu spülen, verkaufte die Verlegerfamilie Friedmann im Februar den Nürnberger Ableger der Münchener Abendzeitung (AZ) an den Telefonbuch-Unternehmer Gunther Oschmann. Ende März folgte der nächste Streich: Bei der AZ in München wurden 29 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen – bei den Autoren, in den Sekretariaten, im Layout. Oder anders gerechnet: von 80 Mitarbeitern in der Redaktion müssen 22 gehen. Dazu kommt: Volontäre werden nicht übernommen, Zeitverträge nicht verlängert. Und die besten Köpfe wechseln derzeit in andere Redaktionen oder auf die PR-Seite. Kein Wunder, dass die bayerische Landesfachgruppe dju in ver.di von einer „Amputation“ spricht.
Vor knapp zwei Jahren war Arno Makowsky guter Dinge in Sachen Blattmachen. Das „Leichte im Schweren zu finden“ wollte er und die leichten Themen wiederum seriös aufbereiten. Tatsächlich hat die Münchner Abendzeitung unter seiner Leitung wieder diesen ganz besonderen Münchner Charme, der zwischen gut gelaunt und besonders grantig schwankt. Doch bei den schnöden Zahlen hat Makowskys Wechsel vor zwei Jahren von der Süddeutschen Zeitung (Ressortleiter Panorama) zur AZ nicht den erhofften Wandel gebracht. Von 134.364 verbreiteten Ausgaben im zweiten Quartal 2008 ging es auf 126.117 zurück (Q4/2009).
Nun ist man das Sparen in der AZ gewohnt. Bereits in den Jahren 2002 und 2008 musste der Betriebsrat nach Kürzungen Sozialpläne verhandeln. „Doch so groß war der Einschnitt noch nie“, sagt der in ver.di organisierte Betriebsratsvorsitzende Christian Rettermayer, der selbst im Layout arbeitet. Besonders ärgert sein Gremium das Verhalten der Redaktionsspitze. „Wir haben nicht den Eindruck, dass die Chefredaktion eine große Kampfstärke gegen die Wünsche der Geschäftsführung entwickelt hat“, kritisiert Rettermayer.
Die Lücken sollen nun gerade im Servicebereich mit eingekauften Inhalten gefüllt werden. „Das muss nicht zwingend seelenlos sein, wie man an unserem Reiseteil sieht“, sagte Makowsky dem Medienmagazin M. Verhandelt wird ihm zufolge auch weiter über eine Kooperation mit Blättern des Süddeutschen Verlages, an dem die Familie Friedmann mit 18,75 Prozent beteiligt ist. „Wir stellen uns dabei Komponenten vor, die uns quasi als zusätzliche Agenturinhalte zur Verfügung stehen“, so Makowsky. Die Politikberichterstattung und auch die Kommentare würden weiterhin von eigenen Redakteuren geleistet, der Schwerpunkt solle jedoch noch mehr auf der Lokalberichterstattung liegen. Das allerdings war schon der Plan vor zwei Jahren. München sei „zuletzt ein bisschen vernachlässigt“ worden, sagte Makowsky damals zum Einstand in einem Interview und kündigte eine München-Offensive an. Knapp zwei Jahre später versichert der Chefredakteur nun, dass die AZ weiterhin in gewohnter journalistischer Qualität erscheinen werde. Aber er schiebt dann doch nach, dass man dabei einen Satz nicht vergessen dürfe: „Es wäre der größte Fehler, wenn wir jetzt versuchen würden weiter dieselbe Zeitung wie bisher zu machen.“ Denn das ist einfach nicht mehr möglich.