Gesucht: Die Zukunft der Medien. Das war das Meta-Thema des 10. Global Media Forum der Deutschen Welle. Demnach ist die Zukunft der Medien eindeutig digital. 2.000 Delegierte waren aus der ganzen Welt für drei Tage nach Bonn gereist.
CNN-Journalist Yusuf Omar ist sozusagen Botschafter des neuen digitalen und mobilen Journalismus mit dem Smartphone. „Jeans Journalismus“ nennt er das: Was nicht in seine Hosentasche passt, braucht er für seine Stories nicht. Die finden vornehmlich im sozialen Netzwerk Snapchat statt, wo er in Minuten Stories aus Fotos, Stickern, kurzen Text-Botschaften und Videos formt. Oder er postet ein aus mehreren Fotos kombiniertes GIF oder ein schnelles 360° Video. Sein Publikum ist auch digital und braucht ebenfalls nicht mehr zum Lesen, als in eine Hosentasche passt. Snapchat wird vor allem von Jugendlichen genutzt und lässt sich nur auf dem Smartphone anschauen. Dafür gibt es auch schnelle Interaktionen, auch noch während des Ereignisses, über das berichtet wird.
Afrika ist digital
Was für uns noch neu ist, hat in vielen Ländern in Afrika schon längst Einzug gehalten. Die Digitalisierung des Journalismus. Mit der steigenden Verbreitung von mobilem Internet über die Mobilfunkprovider hat dort eine Medienrevolution begonnen. Smartphones werden dort zunehmend zur Erstellung und Übermittlung von Inhalten von Journalist_innen und Bürgerreporter_innen verwendet. In den meisten Ländern Afrikas schießt die Zahl der Online-Angebote verschiedenster Art in die Höhe. Es sind kleine Twitterprojekte, die aktuelle Nachrichten aus der Provinz liefern, Bürgerprojekte, die auf einfach aufgebauten Webseiten lokale Berichte liefern oder ausgewachsene Start-Up-Projekte, die ein Vollprogramm von Nachrichten, Unterhaltung und Reportagen in Textform oder als Video liefern.
Vom Twitter-Chat zum Online-News-Portal
Nigel Mugamu aus Simbabwe hat mit einem Twitterprofil angefangen, auf dem er kurze Nachrichten aus seiner Umgebung veröffentlichte. Er hoffte, dass sie es bis in die traditionellen Medien schafften. Denn Zugang zu den Medien hatte er nicht. Für ihn war das ein verschlossener Bereich. Durch seine Tweets bemerkte er, welche Reichweite seine Nachrichten bekommen konnten. Im ganzen Land verbreiteten sie sich per Handy. Aus dem Twitter-Account ist die umfangreiche Internetpräsenz 263chat.com geworden, die täglich ein Vollprogramm von Sport und Politik bis zu Wirtschaft und Unterhaltung bringt. Zunächst musste er ein wenig investieren, aber inzwischen macht er in Simbabwes Hauptstadt Harare den traditionellen Medien Konkurrenz, die hingegen Leser verlieren. Auf dem Global Media Forum in Bonn ist Nigel Mugamu unterwegs, um neue Kooperationspartner_innen oder neue Ideen zu finden.
Ungeschminkte Stories
Der Hosentaschen-Journalist Yusuf Omar ist für CNN das Aushängeschild, dass neue Nutzergruppen an das Medienhaus binden soll. Er berichtete in Bonn über zahlreiche Projekte, die er weltweit mit seinen Smartphone-Stories begleitet hat. Seine Berichte laufen nicht mehr über die Redaktion, die so auch nicht mehr Einfluss auf die Berichterstattung nehmen kann. Das sei aber auch gut so, sagt Yusuf Omar. Digitale Nutzer_innen wollen keine polierten Geschichten, sondern rohe, ungeschminkte und personalisierte Berichte.
Facebook in Afrika dominierend
Für Claus Stäker, Leiter der Afrikaprogramme bei der Deutschen Welle, ist die Digitalisierung der Ausspielwege gar keine Frage mehr. Die Facebookseite der Deutschen Welle ist in Afrika unersetzlich, weil dort die Verbreitung so hoch sei, erklärt er. Darin liege gleichzeitig eine große Chance, aber auch die Gefahr, als Medienhaus vollständig von den Algorithmen abhängig zu werden. Aber auch auf der Produktionsseite wird das Smartphone immer häufiger von Mitarbeiter_innen vor Ort genutzt, allerdings um damit klassische Inhalte zu liefern. Da geht es um Texte, Informationen oder auch mal Videos und Fotos, die dann direkt von vor Ort übermittelt werden und so die Berichterstattung anreichern oder auch schneller machen.
Gefahren für den Journalismus
Unter dem Motto „Identity and Diversity“ wird beim Global Media Forum nach der Identität des Journalismus in Zeiten zunehmender Beschneidung der Pressefreiheit und wachsender Gewalt gegen Reporter_innen diskutiert. Gleichzeitig stehen auch die Gefahren von Social Media für die Medienlandschaft im Fokus. Da geht es um die Konkurrenz zum Journalismus, der sich gegen PR-Kommunikation von Lobbyverbänden, Unternehmen, politischen Akteuren behaupten muss. Und gleichzeitig stehen die journalistischen Beiträge inmitten von Fake News-Artikeln. Als Beispiel wurde ein Foto eines in Indien vermissten Mädchens genannt, das auch Jahre, nachdem es bereits wieder bei der Familie war, durch Social Media immer wieder neu veröffentlicht wurde.
Andreas Görgen, Generaldirektor im Auswärtigen Amt für Kultur zuständig, hat für seinen Auftritt eine Überraschung mitgebracht. 500.000 Euro will das Ministerium für die Förderung von Start-Ups aus dem kreativen Sektor in Afrika bereitstellen. An die Deutsche Welle und ihre zum 10. Mal stattfindende Veranstaltung verteilt er großes Lob. Das Global Media Forum mit Besucher_innen aus 130 Ländern der Welt habe Bonn zu einer Weltstadt gemacht, was die alte Bonner Republik nie geschafft hätte.