Schlösser-Stiftung darf „Knipsgebühr“ erheben – Verfassungsbeschwerde geplant
Es war bisher ein jahrelanger Kampf durch mehrere Instanzen. Den Fotografen ging es um die freie Berufsausübung- der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) um ihr vermeintliches Eigentumsrecht.
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat der Stiftung Mitte Dezember Recht gegeben und die Berliner Agentur Ostkreuz auf Schadensersatz, Unterlassung und Auskunft verurteilt (AZ 5U 13/09; AZ 5U 14/09). Sie muss nachträgliche „Knipsgebühren“ zahlen für Fotografien, die sie in den Garten-Anlagen aufgenommen hatte. SPSG soll ihrerseits für jedes Foto ihres Anwesens, für das sie Gebühren verlangt, Grundbuchauszüge vorlegen.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju ) in ver.di sieht in der Vorgehensweise der Stiftung einen „Angriff auf die Pressefreiheit“, so Renate Gensch, stellvertretende dju-Bundesvorsitzende. Gensch spricht zudem von einer „verheerenden Signalwirkung“. Das Beispiel könne Schule machen und die Arbeitsbedingungen der Fotografen dadurch weiter einschränken. „Fotografen arbeiten häufig für schlechte Honorare, müssen mit ihrer Technik ohnehin in Vorleistung treten und sollen nun auch für den Verkauf von beispielsweise Feature-Fotos eines öffentlich zugänglichen Schlossgartens umständliche Genehmigungen einholen und eine Gebühr bezahlen, die sie wahrscheinlich bei einem Foto-Abdruck nicht erstattet bekommen.“ Die dju hat sich daher entschlossen, gemeinsam mit den anderen Verbänden, die seit Prozessbeginn hinter Ostkreuz stehen, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Neben der dju hatten auch der Deutsche Journalistenverband (DJV), Freelens e.V., der Verband der Fotojournalistinnen und Fotojournalisten und der Bundesverband der Pressebild-Agenturen und Bildarchive e. V. (BVPA) die Klagen von Fotografen-Agentur unterstützt.
Die Stiftung weist jegliche Vorwürfe, die Pressefreiheit einzugrenzen, von sich und sagt, dass man darauf angewiesen sei, für die Bestandspflege der Schlösser und Gärten zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Die Gebühren und Genehmigungen beträfen nur gewerbliche Fotoaufnahmen, so heißt es auch in der Klagebegründung. Aktuelle Berichterstattung sei nicht betroffen.
Doch was damit gemeint ist, ist laut Thomas Meyer, Geschäftsführer von der Agentur Ostkreuz unklar. Denn die Agentur der Fotojournalisten arbeitet auch für tagesaktuelle Medien.
Laut Alexander Koch, Geschäftsführer der BVPA, werde mit dem Urteil neben dem Urheber- ein neues Parallelrecht eingeführt. „Man braucht im Grunde genommen ein Jurastudium, um zu entscheiden, was man heute noch fotografieren darf und was nicht“, sagt Koch. „Wissen Sie, wenn Sie vom Spandauer Damm aus das Schloss Charlottenburg fotografieren wollen, ob Sie da noch auf öffentlichem Grund stehen?“
Bislang konnten sich Fotografen auf die Panoramafreiheit berufen: Das Recht, urheberrechtlich geschützte Werke von öffentlich zugänglichen Wegen aus aufzunehmen. Es gebe jedoch einen Trend, Staatseigentum in Stiftungen des öffentlichen Rechtes zu überführen, die als Eigentümer aufträten und nachträglich Gebühren und Genehmigungen von den Fotografen verlangten, sagt Lutz Fischmann, Geschäftsführer von Freelens e. V. Klagen auch gegen Kollegen nähmen zu.
Das OLG Brandenburg hatte eine von der Stiftung beanstandete Eigentumsverletzung durch Ablichtungen von Ostkreuz vor fast zwei Jahren verneint und die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof (BGH) sprach in der nächsten Instanz hingegen dem Eigentümer einer Sache ein alleiniges Verwertungsrecht der Aufnahmen über seinen Besitz zu, insofern diese auf dessen Grundstück aufgenommen wurden. Er verwies die Klage an das OLG zurück, um zu klären, ob die SPSG Eigentümerin oder nur Verwalterin der Anlage sei.
Für Christian Donle, Anwalt der Agentur Ostkreuz, ist dies bis heute nicht geklärt, „da die SPSG nur wenige Grundbuchauszüge vorgelegt hat.“ Dennoch werde sie in dem Urteil so behandelt, als ob sie Eigentümerin wäre.
dju und DJV sind sich einig, dass die Stiftung als Treuhänderin der Allgemeinheit kein privater Eigentümer ist. Fotojournalisten hätten einen öffentlichen Auftrag und sollten ein Zutrittsrecht zu allen öffentlichen Veranstaltungen erhalten, auch in für die Allgemeinheit zugänglichen Parks. Dies müsse in die Landespressegesetze übernommen werden, heißt es in einer DJV-Pressemitteilung.
Die Stiftung gibt sich hingegen zufrieden mit dem Urteil. Es sei ihr um eine „grundsätzliche Klärung“ gegangen. Auch Ostkreuz und dem ebenfalls beklagten DVD- Anbieter geht es um ein Grundsatzurteil und zwar für eine freie Berufsausübung. Deswegen wollen sie letztendlich bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Der DVD-Anbieter war vom Gericht zwar nicht auf Schadensersatz verurteilt worden. Die Kosten des Rechtsstreites werden ihn jedoch finanziell ruinieren. „Eine Insolvenz ist für uns unvermeidlich“, sagte ein Vertreter.
Die dju wird den Gang vor das Bundesverfassungsgericht gemeinsam mit den anderen Journalistenverbänden weiter unterstützen. Gensch: „Wir werden alle Rechtsmittel ausschöpfen.“