Radio Hamburg scheitert vor Gericht

Screenshot Video: www.wirsindradio.hamburg

Das Arbeitsgericht Hamburg hat heute einen Unterlassungsantrag von Radio Hamburg gegen die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und den Deutschen Journalisten-Verband Hamburg (DJV) zurückgewiesen. Der Sender wollte den beiden Gewerkschaften in einem Eilverfahren verbieten lassen, in der laufenden Tarifauseinandersetzung die Domain „www.wirsindradio.hamburg“ zu verwenden. Auf dieser Kampagnen-Website wird aktuell über die Forderungen nach besserer tariflicher Bezahlung und die Aktionen der Beschäftigten berichtet.  

Unter anderem wenden sich die Radiomacher_innen mit einem Video an ihre Hörerinnen und Hörer. Darin heißt es etwa: „Seit Jahren kein verlässlicher Inflationsausgleich, … keine Altersvorsorge, keine einheitliche und verlässliche Regelung für Prämien oder andere Vergütungen. Weihnachts- und Urlaubsgeld gibt es in vielen Verträgen nicht mehr.” (M berichtete) Zudem haben sie mit einem Brief an die Gesellschafter von Radio Hamburg für ihr Anliegen geworben, der auf www.wirsindradio.hamburg veröffentlicht wurde.

Gefordert werden Tarifgehälter von einem Sender, der zu den erfolgreichsten Privatradios in Deutschland zählt. Ausweislich der Bilanzen hat Radio Hamburg von 2006 bis 2016 über 60 Millionen Euro verdient. Die Geschäftsführung lehnt jedoch Tarifverhandlungen ab. Stattdessen ging sie gegen die Website vor Gericht. Für die Seite zeichnen ver.di und DJV verantwortlich.

Lars Stubbe, ver.di-Gewerkschaftssekretär, und Stefan Endter, Hamburger DJV-Geschäftsführer: „Dass ausgerechnet ein erfolgreicher Radiosender, der für sich Pressefreiheit reklamiert, gewerkschaftlichen Forderungen nach Tarifgehältern mit gerichtlichen Schritten begegnet, ist sehr bedenklich. Radio Hamburg und seine Gesellschafter wären gut beraten, die berechtigten Forderungen der Beschäftigten nach Tarifgehältern zu respektieren statt in Gerichtsverfahren und Gewinnspiele zu investieren.“

Die Gesellschafter sind: Axel Springer SE, UFA Film- und Fernseh-GmbH, Heinrich Bauer Verlag KG, Lühmanndruck Harburger Zeitungsgesellschaft mbH & Co. KG, Morgenpost Verlag GmbH.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

 

 

 

 

 

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