Warnstreik beim SWR: zum ersten Mal in der Geschichte des Senders. Mehrere hundert Beschäftigte beteiligten sich an dem Ausstand, durch den es zu Programmstörungen kam. Bei Kundgebungen in Stuttgart, Baden-Baden und Mainz wurden Gehalts- und Honorarerhöhungen gefordert, die sich am Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes der Länder orientieren. Das wären 3,1 Prozent in diesem und im nächsten Jahr. Der Arbeitgeber hat bisher nur magere 1,9 Prozent angeboten. Die Verhandlungen gehen am morgigen Dienstag in die vierte Runde.
„Kaffee oder Tee“ gab‘s um 16:05 nicht! Die Sendung fiel aus und wurde durch Archiv-Material ersetzt mit „Gartengeschichten – ganz natürlich“ und „Einfach schön! Mein neuer Balkon: Donaueschingen“. Nach den 17-Uhr-Nachrichten folgte ein „Reisetipp Südwest“ über den Pfälzerwald“ und „Genussvoll durch die Ortenau“.
„Dass die SWR-Beschäftigten nach Jahrzehnten guter Tarifpartnerschaft jetzt abgekoppelt werden sollen von der Tarifentwicklung im öffentlich Dienst ist nicht hinnehmbar“, sagte Siegfried Heim, Leiter des ver.di-Landesfachbereichs Medien, Kunst und Industrie bei der Streikkundgebung in Stuttgart. „Wer jeden Tag engagiert Programm für Radio, Fernsehen und Online mache, darf nicht mit unterdurchschnittlichen Lohnsteigerungen abgespeist werden, nur, weil sich die Ministerpräsidenten und die Landtage nicht auf eine angemessene Erhöhung des Rundfunkbeitrags einigen können“, so Heim weiter.
Der 2. September war der erste Arbeitstag für den neuen SWR-Intendanten Kai Gniffke. Die Streikenden appellierten an ihn, sich in der ARD für eine Rückkehr zur Orientierung der Tarifabschlüsse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an denjenigen des öffentlichen Dienstes einzusetzen.
ver.di fordert für den SWR eine Gehaltssteigerung von sechs Prozent, mindestens aber 200 Euro – und darüber hinaus eine höhere Start-Eingruppierung für junge Beschäftigte, die ihre Ausbildung im SWR erfolgreich absolviert haben. Ebenso sollen die Honorare für Freie angehoben werden.
SWR Verwaltungsdirektor Jan Büttner wirbt bei den Mitarbeiter*innen um Verständnis: „Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird im multimedialen Umbau eine Menge abverlangt. Das ist der Geschäftsleitung des SWR bewusst und es ist uns ein großes Anliegen, dieses Engagement zu würdigen und auch angemessen zu honorieren. Die finanziellen Rahmenbedingungen geben uns aber nicht die nötigen Freiräume, die wir dafür bräuchten. Wenn wir die derzeitigen Forderungen der Gewerkschaften erfüllen würden, würde das unweigerlich einen weiteren Personalabbau nach sich ziehen. Das kann niemand wollen. Und mit dem vorliegenden Angebot bewegen wir uns sogar oberhalb der voraussichtlichen Teuerungsrate.“
Vor den SWR-Beschäftigten hatten bereits Beschäftigte des WDR und des NDR mit Streiks gegen die niedrigen Arbeitgeberangebote protestiert.
Aktualisierung am 5.9.2019
Enttäuschendes Angebot vom SWR in der vierten Runde
Auch die vierte Verhandlungsrunde beim SWR endete enttäuschend. Die Sendeanstalt hat sich nur ein paar Millimeter bewegt und ihr Angebot um 0,5 % erhöht. Das ist immer noch weit weg vom Abschluss Öffentlicher Dienst. „Dabei hatten die Gewerkschaften zu Verhandlungsbeginn deutlich gemacht, dass sie sich bewegen“, heißt es in einem Tarifinfo. ver.di, DJV und DOV starteten die Runde mit einem Diskussionsvorschlag: eine Erhöhung von 3,2 % und 3,0 % bei einer Laufzeit von 24 Monaten, plus die bekannten Forderungen (Azubi-Gehälter, Eingruppierung Ausgelernter, Wochenende Freie, Urlaub nach langer Krankheit, sachgrundlose Befristungen und neu: Angleichung der Gehälter für die Chormitglieder an die der Tutti-Geiger im Orchester). „Das ist ein großer Schritt weg von der Forderung 6 % mehr Gehalt und Honorar für jeweils 12 Monate“, erklärten die Gewerkschaften. „Selbst davon ist das SWR-Angebot weit entfernt: 2,5 % und 1,7 % für 24 Monate, das liegt satte zwei Prozentpunkte unter den gewerkschaftlichen Forderungen.“