Video-Formate von Bild sind Rundfunk

Portrait von Günter Herkel

Günter Herkel lebt in Berlin und arbeitet als freier Medienjournalist für Branchenmagazine in Print und Rundfunk.
Foto: Jan-Timo Schaube

Schlappe für Springer: Im Rechtsstreit des Axel Springer Verlags mit der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat das Berliner Verwaltungsgericht nun im Sinne der MABB entschieden. Die war und ist der Auffassung, dass die drei von dem Medienkonzern veranstalteten Live-Streaming-Angebote als Rundfunk einzustufen sind, für deren Weiterbetrieb eine rundfunkrechtliche Zulassung nötig ist.

Das Urteil ist aus verschiedenen Gründen zu begrüßen. Im Kern geht es um die Definition von Rundfunk. Die Landesmedienanstalten stufen via Internet verbreitete Bewegtbild-Angebote in Anlehnung an den Rundfunkstaatsvertrag dann als Rundfunk ein, wenn sie „linear, also live verbreitet werden, redaktionell gestaltet und entlang eines Sendeplans regelmäßig und wiederholt verbreitet werden“.

All dies trifft zweifellos auf die beanstandeten Angebote zu. Beim Format „Die richtigen Fragen“ handelt es sich um einen Polit-Talk, der unter anderem von „Bild“-Politikchef Nikolaus Blome präsentiert wird und jeweils am Montagmorgen ab 8:00 Uhr live zu sehen ist. Den „Bild Sport-Talk mit Thorsten Kinhöfer“ gibt es im Anschluss an die Samstagspiele der Fußball-Bundesliga. Gerichtet an die Allgemeinheit, zeitgleicher Empfang, Sendeplan – alle Rundfunk-Kriterien erfüllt.

Mag Springer jetzt auch gegen die Entscheidung wettern: Mit Schikane hat die Klage der MABB (geführt im Auftrag der Landesmedienanstalten) nichts zu tun. Wer Rundfunk veranstaltet, unterliegt nun mal strengeren Jugendschutz-, Werbe- und Transparenzvorschriften, als sie für Telemedienanbieter wie Video-Abrufdienste gelten. Was speziell bei einem Boulevardmedium wie Bild angemessen erscheint.

Abgesehen davon geht es auch um eine „Parität der Waffen“. Jahrelang waren die Verleger – mit Springer-Chef Mathias Döpfner an der Spitze – gegen die vermeintlich „presseähnlichen“ Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten Sturm gelaufen. Aus ihrer Sicht gefährdeten die textlastigen Inhalte der Online-Auftritte von ARD und ZDF das Geschäftsmodell privat finanzierter Medien.

Nach heftigem Streit hatte man sich im vergangen Jahr auf einen Kompromiss geeinigt, bei dem die Sender manche Kröte schlucken mussten. Seitdem haben sie ihre Textanteile stark zurückgefahren, um „Presseähnlichkeit“ zu vermeiden. Im Gegenzug bekamen zwar die Mediatheken von ARD und ZDF mehr Spielraum, etwa durch Wegfall der Sieben-Tage-Regelung. Aber die Errichtung einer gemeinsamen Schlichtungsstelle als „vertrauensbildende Maßnahme“, mit der sich die Privaten Einfluss auf das öffentlich-rechtliche System sicherten, stieß bei vielen Kritikern auf Unverständnis.

ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm hatte sich seinerzeit offen gehalten, wo nötig auch Verstöße der Verlegerseite zu attackieren: „Beispielsweise wenn wir Grund zur Klage hätten, dass Verlage immer mehr Fernsehen machen“. Diesen Job hat jetzt die Privatfunkaufsicht in Gestalt der MABB mit ihrem Vorgehen gegen Springer selbst erledigt. Gut so!

Weitere aktuelle Beiträge

ARD schützt ihre Inhalte vor KI

Die ARD hat ihren Umgang mit Anbietern von KI geändert. Seit Ende Mai dürfen Unternehmen wie etwa Open AI, Perplexity oder Google (Gemini) Inhalte aus den Online-Angeboten der ARD nicht mehr nutzen, um damit ihre KI-Systeme zu trainieren. Das bestätigte der Senderverbund auf Nachfrage. Die ARD hat nun in ihre Webseiten einen sogenannten maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt technisch eingebaut. Damit wird KI-Crawlern signalisiert, dass sie die Inhalte dieser Angebote nicht verwenden dürfen.
mehr »

RTL schluckt Sky Deutschland

Mega-Fusion in der TV- und Streaming-Branche: Mit dem Kauf des Bezahlsenders Sky schickt sich die Bertelsmann-Tochter RTL Deutschland an, den großen US-Plattformen Netflix & Co. Paroli zu bieten.
mehr »

Compact-Urteil: Wehrhaft aber unwillig

Das Verbot des rechtsextremen Compact-Magazins ist vom Tisch. Am Dienstag entschied dies das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Der Chefredakteur des Magazins Jürgen Elsässer feierte die Entscheidung als eine Sternstunde für die Pressefreiheit, verglich den Fall gar mit der Spiegel-Affäre von 1962. Triumphierend erklärte er: „Sie konnten uns nicht verbieten, also können sie auch die AfD nicht verbieten.“
mehr »

Rechtssicherer Einsatz von KI

Die Bundesländer wollen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Medienaufsicht rechtssicher machen. Vorgesehen sei, im Medienstaatsvertrag eine gemeinsame Regelung einzufügen, „die einen klaren Rahmen für den bundesweiten Einsatz technischer Hilfsmittel in der Aufsicht schafft“, erklärte NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU). Zu den Regelungsentwürfen ist am 23. Juni 2025 eine öffentliche Anhörung gestartet worden.
mehr »