Auf dem Zeitungsmarkt in NRW gibt es erneut harte Einschnitte. In Belegschaftsversammlungen in Wuppertal, Düsseldorf und Krefeld hat der Verlagsgeschäftsführer der Westdeutschen Zeitung (WZ) Kersten Köhler am 27. März angekündigt, die Zahl der redaktionellen Mitarbeiter von 100 auf 50 halbieren zu wollen.
Sowohl im Mantel als auch im Lokalen wird es zu Kündigungen und Änderungskündigungen bei der WZ kommen. Für die Lokalausgaben im Kreis Mettmann, Neuss und am Niederrhein (Mönchengladbach) wird die Eigenproduktion eingestellt und die Blätter werden künftig mit zugekauften Inhalten des bisherigen Konkurrenten im Lokalen, der auflagenstärkeren Rheinischen Post erscheinen. An deren Holding ist der Verlag W. Giradet, der die WZ herausgibt, ohnehin beteiligt und eine Kooperation im Druck und bei der Verteilung existiert bereits. Ein siebenköpfiges Team, das formal der tariflosen RP Media zugeordnet ist, „übt“ zurzeit die Anpassung der Inhalte des größeren RP-Formats an das kleinere WZ-Format. Als offizieller Termin für die Umstellung wird der 30. September 2014 genannt.
Der personelle Kahlschlag macht auch vor der mit etwa 25 Mitarbeitern besetzten Mantelredaktion nicht halt. Übrig bleiben wird nur ein siebenköpfiges Kompetenzteam, das unter Anleitung des neu benannten Chefredakteurs Ulli Tückmantel, bislang Ressortchef bei der RP, Material, dass die spezielle WZ-Tonalität weiterpflegen soll, an einen möglicherweise in Aachen angesiedelten externen Dienstleister liefert, der dann zusammen mit dpa-Material den Mantel der WZ baut. „In diesen Tagen muss man ja immer mit allem rechnen“ sagt der Betriebsratsvorsitzende Andreas Keil, „aber dass es bei uns zu Entlassungen in diesem Umfang kommt, das hat alle Befürchtungen übertroffen. Wir sind geschockt.“ Zu den 50 Entlassungen bei den festangestellten WZ-Mitarbeitern kommen noch einmal etwa ebenso viele feste Freie, die nun ohne Auftraggeber dastehen. Der Betriebsrat, der erst sehr spät über die Gespräche informiert wurde und nun nur noch nachträglich seine Vorstellungen in die Umstrukturierung einbringen kann, hat den Arbeitgeber zu Verhandlungen über einen Interessensausgleich und einen Sozialplan aufgefordert.
Die dju in ver.di NRW hat die aktuellen Entwicklungen im Verlag W. Giradet kritisiert. „Wenn den Verlegern als einzige Reaktion auf wirtschaftlich schwierige Zeiten nur einfällt, Redakteurinnen und Redakteure zu entlassen, und lokal Inhalte von Mitbewerbern einzukaufen, dann wird das auf Dauer die publizistische Vielfalt in NRW komplett aushöhlen“, kritisierte der geschäftsführende Vorstand der dju NRW auch mit Blick auf die Ankündigung der Kölner Verlage DuMont Schauberg und Heinen, mehrere Lokalredaktionen zusammen legen zu wollen „Damit geht in vielen Städten eine zweite publizistische Meinung verloren, was eine differenzierte Meinungsbildung der Leser unmöglich macht, weil sie zu lokalen Themen nur noch eine Sichtweise präsentiert bekommen. Ein publizistischer Wettbewerb findet fast nirgendwo mehr statt.“ Das Modell Westfälische Rundschau, die als erste Tageszeitung in Deutschland nur noch mit lokalen Fremdinhalten und ohne eigene Redaktion herausgegeben wird, scheine salonfähig zu werden, kritisiert die dju NRW.