BND: Grundsatzurteil in Karlsruhe erwartet

Die Bündnispartner_innen vor der Pressekonferenz im ARD Hauptstadtstudio am 30. Januar 2018: (v.l.n.r.) Günter Bartsch, netzwerk recherche, Christian Mihr, Reporter ohne Grenzen, Cornelia Haß, dju in ver.di, Frank Überall, DJV, Ulf Buermeyer, GFF, Hanno Gundert, n-ost
Foto: Daniel Moßbrucker

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe wird ab kommendem Dienstag, den 14. Januar, zwei Tage lang darüber verhandeln, ob die Überwachung des weltweiten Internetverkehrs durch den Bundesnachrichtendienst (BND) verfassungsmäßig ist. Eingereicht hatten die Verfassungsbeschwerde vor rund zwei Jahren die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) sowie fünf Medienorganisationen, darunter die dju in ver.di.

Erwartet werde ein „Grundsatzurteil von internationaler Tragweite“, so das Bündnis in einer Pressemitteilung. Es „könnte den internationalen Menschenrechtsschutz beim Telekommunikationsgeheimnis sowie die Pressefreiheit deutlich stärken“. Ein solch breites Bündnis für eine Verfassungsbeschwerde habe es selten gegeben, hatte der GFF-Vorsitzende Dr. Ulf Buermeyer Ende Januar 2018 anlässlich der Bekanntgabe der Verfassungsbeschwerde erklärt. Für die dju in ver.di, so dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Berger damals, sei es selbstverständlich gewesen, sich in diesem Bündnis zu engagieren. Denn das Ende 2016 novellierte BND-Gesetz „ermöglicht dem BND die Überwachung von Journalistinnen und Journalisten im Ausland sowie ihrer Quellen ohne konkreten Anlass oder Verdacht. Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Pressefreiheit.“ Die ungestörte vertrauliche Kommunikation sei eine Grundbedingung für die Ausübung journalistischer Tätigkeit. Ohne sie könnten der Quellenschutz und das Redaktionsgeheimnis als Garanten von Presse- und Rundfunkfreiheit nicht sichergestellt werden.

Zu den in Karlsruhe klagenden Beschwerdeführer*innen gehören prominente ausländische Journalistinnen und Journalisten wie die Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Khadija Ismayilova, oder der slowenische Investigativjournalist Blaž Zgaga. Sie befürchteten, so das Bündnis, dass sich Informant*innen aus Angst vor der permanenten Überwachung nicht mehr mit sensiblen Themen an Journalist*innen wenden wollen. Ferner könnte der BND auch das deutsche Redaktionsgeheimnis umgehen, wenn er bei internationalen Großrecherchen wie den Panama-Papers die ausländischen Partnermedien deutscher Redaktionen überwachen.

Der nun vor dem Verfassungsgericht verhandelte Fall werfe zudem die Grundsatzfrage auf, ob deutsche Behörden im Ausland die Grundrechte des Grundgesetzes beachten müssen – was von der Bundesregierung verneint werde. „Artikel 1 des Grundgesetzes bindet die Regierung an Grundrechte – unabhängig davon, ob sie im In- oder im Ausland aktiv wird“, sagte dagegen Buermeyer. „Auch Menschen im Ausland sind Menschen und haben ein Recht auf Privatsphäre. Gerade ein deutscher Geheimdienst sollte nicht frei entscheiden dürfen, ob er dieses Recht achtet oder nicht.“

Dass die mündliche Verhandlung zur Verfassungsbeschwerde gleich über zwei Tage anberaumt ist, zeige laut Buermeyer, „dass die Bundesregierung viele Fragen wird beantworten müssen, insbesondere dazu, wie die Internet-Überwachung durch den BND konkret aussieht“.

Mehr Informationen sowie die vollständige Verfassungsbeschwerde unter: https://notrustnonews.org/

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Keine Auskunft zu Pegasus

Auch Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht  erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Nun erkannte das Gericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist aber nicht verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über den Erwerb und Einsatz der Software "Pegasus" zu erteilen.
mehr »

SWR lehnt Vergleich mit Regisseur ab

Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart fand gestern der Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren des Regisseurs Joachim Lang gegen den SWR statt. Der Sender hatte ihm am 11. Juli betriebsbedingt gekündigt. Begründet wurde die Änderungskündigung mit dem Sparkurs des Senders, der „angeblich“ keine weiteren Spielfilme vorsieht. Dies, obwohl der SWR laut Staatsvertrag verpflichtet ist, Spielfilme herzustellen. Zum gestrigen Termin vor dem Gericht hat der Sender keine Kompromisse angeboten. Damit kommt es nun zum Kammertermin mit einem Urteil.
mehr »

Neues Urteil gegen Kieler Nachrichten

Schlappe für den Verlag der Kieler Nachrichten: Das Landgericht Flensburg hat untersagt, dass der Verlag in Verträgen mit hauptberuflich freien Journalist*innen unzulässige Klauseln vereinbart. Erneut geklagt hatten der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Zukünftig darf die Kieler Zeitung Verlags- und Druckerei KG-GmbH & Co. die Klauseln nicht mehr nutzen, da sie unklar und unverständlich sind und die freien Mitarbeiter unangemessen benachteiligen.
mehr »

Niederlage für Google und Apple

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zwei weitreichende Urteile gegen Tech-Riesen gefällt. Die Richter*innen bestätigten eine Geldbuße gegen Google von 2,4 Milliarden Euro. Zudem muss Apple 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen.
mehr »