Auf ein Wort: Journalist? Aktivist? Mensch!

Erfreut – manchmal auch erstaunt und ungläubig – nehmen wir den Wandel in der Berichterstattung über Flüchtlinge, ihre Beweggründe, ihre Schicksale, ihre kaum vorstellbaren Strapazen wahr.

Die blieben unsichtbar, würden sich nicht mutige und erfahrene Kolleginnen und Kollegen so nah wie möglich zu ihnen hin bewegen.

Aber bedeutet Nähe – räumlich, seelisch, empathisch – auch unbedingt Distanzverlust? „Sie sind also Journalist und Aktivist in einer Person”, bekam der Tagesspiegel-Redakteur Matthias Meisner von einem Vertreter der sächsischen Landesregierung zu hören. Er hatte auf dem Weg zu einem Pressetermin eine Kleiderspende für Geflüchtete abgegeben. Auch der taz-Redakteur Martin Kaul wurde von Redaktionskollegen gefragt, wie er es mit seiner journalistischen Objektivität vereinbaren könne, wenn er während seiner Reportage-Tätigkeit am ungarischen Keleti-Bahnhof den dort gestrandeten Flüchtlingen Wasser und Lebensmittel besorge. So der Bericht der beiden Kollegen auf einer Veranstaltung von netzwerk recherche im taz-Café in Berlin. Beide hatten und haben keinen Zweifel an der Richtigkeit ihres Handelns (die Anwesenden übrigens auch nicht). Aber das bekannte Diktum „sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten” schwebt immer über uns, lässt uns plötzlich innehalten und zweifeln, ob das erlaubt ist, was zu tun einem Gefühl und gesunder Menschenverstand spontan gebieten. Ich denke, innezuhalten ist gut, darüber nachzudenken auch. Das eigene Handeln nicht mit der journalistischen Berichterstattung zu vermischen, es weder zum Gegenstand noch Kriterium der Beobachtung, Beschreibung und Analyse zu machen, das ist das normale medienethische Gebot – und geübte Praxis.

Aber neben der gebotenen journalistischen Distanz auch eine eigene Haltung zu haben, auch das ist Grundlage journalistischer Glaubwürdigkeit. Und es gibt ermutigende Beispiele: Am Verlagshaus der Schweriner Volkszeitung zeugt seit 22. September ein Banner von der Haltung seiner Mitarbeiter: „Toleranz statt Angst – Welcome to Mecklenburg” heißt es da und das Blatt bekräftigt in einer Erklärung: „…gerade in Zeiten großer Verunsicherung … kommt es darauf an, Haltung zu zeigen … Haltung, die man nicht von der Kassenlage abhängig machen kann …. Denn zugleich werden wir unseren publizistischen Auftrag erfüllen …”

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