Entlassungen und Programmeinstellungen im isländischen Rundfunk
Die im April neu gewählte konservativ-liberale Regierung Islands kürzte Ende vergangenen Jahres neben dem Gesundheitsetat massiv die Mittel für die Kultur. Betroffen sind fast alle Einrichtungen: Museen, Bibliotheken, Künstlerstipendien, und vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk. 60 Angestellte des isländischen Rundfunks RUV, rund ein Fünftel der Mitarbeiter, wurden entlassen.
Die Stelle des Rundfunkchefs Pall Magnusson wurde ausgeschrieben, worauf dieser noch im Dezember zurücktrat. Am 26. Januar wurde Magnus Geir Thordarson, Leiter des Stadttheaters von Reykjavik, als neuer RUV-Chefredakteur vom Rundfunkrat gewählt. Der Rat setzt sich aus Politikern des Parlaments zusammen. Ein Vertreter von Radio/TV hat kein Stimmrecht.
Seit Ende letzten Jahres sind Sendungen eingestellt worden, besonders in den Bereichen Kunst und Kultur. Eines der Flaggschiffe der isländischen Kultur überhaupt, der Radiosender Kanal 1, mit seinen tief greifenden kulturellen Analysen und Dokumentationen einer blühenden Kunstszene in Island, liege nahezu in Trümmern. „Dies ist ein schwer wiegender Angriff auf die isländische Kultur. Unsere Meinungsfreiheit, unsere schon jetzt gefährdete Sprache, unsere Kunstszene ist bedroht“, sagte Kristin Steindottir, Vorsitzende des isländischen Schriftstellerverbandes gegenüber ver.di.
Dass die Politik überhaupt auf den Rundfunketat Einfluss nehmen kann, ist einer Gebührenreform vor sechs Jahren geschuldet. Damals wurde die selbstständige Einzugszentrale beim Sender aufgelöst und eine Art Pro-Kopf-Steuer eingeführt. Für Politikprofessor Ólafur Hardarson von der Universität Island zeigt sich nun, wie problematisch diese Reform seinerzeit war. „Was besonders beunruhigend ist: Einige Politiker haben sich zuletzt darüber beklagt, dass die Medien zu einseitig seien. Was nichts anderes heißt als: Wir mögen Eure kritischen Berichte nicht. Und das ist eine sehr ernste Angelegenheit, wenn die öffentlichen Medien ihre Funktion als vierte Macht ausüben sollen, dann ist es sehr wichtig, dass der Rundfunk unabhängig ist.“ (Zitat Deutschlandfunk)
Der Verband Deutscher Schriftsteller und die Fachgruppe Medien in ver.di wandten sich mit Prostest- und Solidaritätsschreiben an den Vorsitzenden des isländischen Parlaments Einar. K Gudfinnsson, an den Finanzminister Bjarni Benediktsson, den Kulturminister Illugi Gunnarsson und an den RUV-Vorsitzenden Ingvi Hrafn Óskarsson. Darin heißt es unter anderem: „Die massiven und rücksichtslosen Einschnitte, wie sie dem Staatlichen Rundfunk in diesen Tagen beigebracht wurden, gefährden nicht nur die Existenz der Beschäftigten, sondern auch die Meinungsfreiheit und damit die gesamte demokratische Debatte. Bei allen ins Werk gesetzten Maßnahmen handelt es sich aus unserer Sicht um einen schwerwiegenden und unzumutbaren Angriff auf die gesamte isländische Kultur. Wir verurteilen diese inakzeptable Offensive gegen die Staatliche Rundfunk- und Fernsehanstalt, die bedeutendste Medieninstitution der Isländer, und fordern gemeinsam mit unseren isländischen Kolleginnen und Kollegen die Rücknahme dieser Maßnahmen.“