Aus für das „Berliner Abendblatt“: Im August stellt der Berliner Verlag nach 30 Jahren sein auflagenstarkes Anzeigenblatt ein. Direkt betroffen sind acht Beschäftigte, außerdem die Druckerei BVZ Zeitungsdruck und eine unbestimmte Zahl von Zusteller*innen der „Last Mile“ in Berlin.
Das „Berliner Abendblatt“ erscheint seit Oktober 1991 als wöchentliche Gratiszeitung. Die Gesamtauflage von ca. 1,45 Millionen Exemplaren verteilt sich auf 23 Lokalausgaben innerhalb von Berlin. Das Blatt spielt in der Hauptstadt eine führende Rolle als Trägermedium für die Sammelverteilung der wöchentlichen Prospekte von Einzelhandelsketten und sichert so, laut Selbstdarstellung, auch „eine Zustellung an die bis zu 20 Prozent Werbeverweigerer“.
„Das Geschäftsmodell der kostenlosen Anzeigenzeitungen steht unter massiver Kritik der Umweltverbände“, so die Geschäftsleitung in ihrer Mitarbeiterinformation vom 28. Mai. Dieser „richtigen, für zukünftige Generationen existentiell wichtigen Diskussion“ dürfe der Verlag sich nicht verweigern. Dies entspreche sowohl der Digitalstrategie des Hauses als auch dem Wunsch, „Produkte mit schlechter Umweltbilanz … zu hinterfragen“. Deshalb habe man entschieden, „die Produktion des Berliner Abendblatts einzustellen“. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht geplant. Man werde sich bemühen, „Lösungen für eine sinnvolle Weiterbeschäftigung für jede einzelne Mitarbeiter*in im Verlag und im gesamten Konzern“ zu finden.
Der Betriebsrat zeigte sich überrascht von der Entscheidung. Vor dem Hintergrund der durch Corona ausgelösten Umsatzverluste habe man zwar geahnt, dass das Blatt zur Disposition stehe. Aber es habe keine Vorwarnung gegeben. Wie realistisch es sei, die betroffenen Kolleg*innen – sechs aus der Redaktion, zwei aus dem Vertrieb – in die digitalen Medien des Hauses einzubinden, sei „schwer einzuschätzen“.
Betroffen sind auch die Beschäftigten der BVZ Zeitungsdruck GmbH, einer 100prozentigen Tochter der Berliner Verlags. „Immerhin büßt der Betrieb mit dem Verlust des Druckauftrags für das Wochenblatt rund 20 Prozent des jährlichen Auftragsvolumens ein“, erläutert Alfons Paus, ver.di-Sekretär der Fachgruppe Verlage, Druck und Papier. „Betriebliche Kündigungen sind einstweilen ausgeschlossen“ – bis Ende 2023 gilt ein tarifvertraglich vereinbarter Kündigungsschutz. Über die Auswirkungen für die rund 2.700 Zeitungszusteller*innen der Vertriebsorganisation „Last Mile“ vermag er keine Auskunft geben.