Berichten und sterben, auch das ist in dem brutalen Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine bittere Realität. Bleiben, wenn die Bomben fallen, wenn Gräueltaten verübt werden, die Weltöffentlichkeit sehen lassen, welches Unrecht passiert – wer bereit ist, sein Leben für die Pressefreiheit zu riskieren, gibt wirklich alles für die freiheitliche Demokratie. Diese Bereitschaft verdient unseren Respekt und unsere Solidarität.
Am Internationalen Tag der Pressefreiheit sollten Journalistinnen und Journalisten mit ihren getöteten, gefolterten, misshandelten und von Repressalien betroffenen Kolleginnen und Kollegen solidarisch sein. Nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Russland, wo freie und unabhängige Berichterstattung mittlerweile fast unmöglich ist. Viele Medienschaffende haben das Land bereits verlassen, andere beenden ihre kritische Arbeitsweise, um nicht im Gefängnis zu landen. Ein Schritt, der schmerzhaft ist.
Der Kampf um die Pressefreiheit war selten so wichtig wie in dieser Zeit. Journalist*innen auf der ganzen Welt stehen unter Druck. Die Zahl inhaftierter Medienschaffender ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent auf ein Rekordhoch angestiegen. Zum Stichtag 1. Dezember 2021 saßen der Jahresbilanz der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) zufolge weltweit mindestens 488 Journalistinnen, Journalisten und andere Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, darunter 60 Frauen. 212 der Inhaftierten entfallen allein auf China, Myanmar und Belarus. 65 Journalistinnen und Journalisten gelten zu diesem Zeitpunkt als entführt. Zugleich war die Zahl der aufgrund ihrer Arbeit getöteten Medienschaffenden im Jahr 2021 mit 46 so niedrig wie seit fast 20 Jahren nicht mehr.
Düster sieht die Bilanz der ersten drei Monate dieses Jahres aus. Bisher seien mindestens 33 Journalisten zu Tode gekommen – eine Zahl, die doppelt so hoch ist wie im Vorjahreszeitraum, erklärte die NGO Press Emblem Campaign (PEC) am 22. März. Fast die Hälfte der Todesfälle ereignete sich in Mexiko und der vom Krieg erschütterten Ukraine,
Einer der lange Zeit Inhaftierten ist Wikileaks-Gründer Julian Assange, der aktuell vielleicht noch bedrohter ist als jemals zuvor. Hatte doch der Westminster Magistrates Court erst vor wenigen Tagen den formellen Auslieferungsbeschluss für Assange erlassen. Die endgültige Entscheidung liegt nun beim britischen Innenministerium. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di unterstützt weiterhin den Protest gegen diese Entscheidung und setzt sich gemeinsam mit ihren europäischen und internationalen Partnerorganisationen für die Freilassung von Assange ein. Denn Journalismus ist kein Verbrechen.
Wir dürfen nicht müde werden, die Pressefreiheit zu verteidigen und uns dafür einzusetzen, dass freie und unabhängige Berichterstattung ungehindert stattfinden kann. Auch hierzulande, wo wir in den vergangenen Monaten eine zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber Medienvertreterinnen und Medienvertretern – etwa auf Demonstrationen der sogenannten Querdenker-Bewegung – beobachtet haben.
Zur Verteidigung der Pressefreiheit gehört aber auch, die dafür nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Immer noch warten wir hierzulande auf ein Bundespresseauskunftsrecht, das kritische Recherchen über Bundesbehörden vereinfachen und mit dem Journalistinnen und Journalisten schneller Informationsansprüche durchsetzen könnten. Ganz entscheidend ist aber auch, dass Medienunternehmen ihrer öffentlichen Aufgabe gerecht werden, in dem sie ihren Beschäftigten die entsprechenden Arbeitsbedingungen ermöglichen. Gute Tarifverträge sind daher zentral. Zeit für Recherchen und gut ausgestattete Redaktionen sind Voraussetzungen für Qualitätsjournalismus.
Medienhäuser sollten zudem ihrer Verantwortung gerecht werden, die sie für den Schutz ihrer Mitarbeitenden bei der Berichterstattung tragen. Angesichts der zunehmenden Gewalt und Hetze gegen Medienschaffende, sind deutsche Medien aufgefordert dem „Schutzkodex für Medienschaffende in Bedrohungslagen“ beizutreten. Er wurde bereits im April 2021 von einem Bündnis aus Journalist*innen-Organisationen, Mediengewerkschaften – darunter der dju in ver.di – und Beratungseinrichtungen ins Leben gerufen. Die Resonanz dieser Selbstverpflichtung beizutreten, um wichtige Standards zum Schutz der Mitarbeitenden umzusetzen, ist bisher eher mäßig. Kaum nachvollziehbar!
Aber wir Journalistinnen und Journalisten können auch selbst einiges tun: Uns etwa organisieren und dafür sorgen, dass auf europäischer und internationaler Ebene starke Interessensvertretungen aktiv sein können. Die dju in ver.di unterstützt daher die European Federation of Journalists (EFJ) sowie die International Federation of Journalists (IFJ) als Mitglied. Wer sich für die Pressefreiheit engagieren möchte, sollte daher auch Gewerkschaftsmitglied sein – und möglichst viele Kolleginnen und Kollegen davon überzeugen, es auch zu sein. Nur gemeinsam sind wir wirklich stark.