Mit Smartphone und Notizblock im Gericht

Portrait von Jasper Prigge

Jasper Prigge, Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht in Düsseldorf Foto: Kay Herschelmann

Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. In einem demokratischen Staat ist dies eine Selbstverständlichkeit. Wie die Gerichte zu einer Entscheidung gelangt sind und aus welchen Gründen, soll öffentlich diskutiert werden können. Zur Gerichtsöffentlichkeit zählen auch die Medien. Journalist*innen beobachten den Prozessverlauf und nehmen eine Einordnung vor. Mitunter stellt sich allerdings die Frage, in welchem Umfang die Gerichte eine Berichterstattung zu gewährleisten haben.

Dürfen Smartphones oder Laptops im Gerichtssaal genutzt werden? Kann das Gericht das Mitschreiben untersagen?

Nach § 176 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) entscheidet die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Ordnung in der Sitzung zu gewährleisten. Die Entscheidung treffen Richterinnen und Richter nach pflichtgemäßem Ermessen. Gesetzlich besteht damit ein erheblicher Spielraum, wenn das Gericht einen sachlichen Grund für eine Anordnung anführen kann.

Wie weitgehend dieser ist, verdeutlicht eine Entscheidung, in der das Bundesverfassungsgericht das Verbot, Laptops in den Sitzungssaal mitzunehmen, in einem Eilverfahren gebilligt hat. Während der Gerichtsverhandlung sind Bild- und Tonaufnahmen nach § 169 Abs. 1 Satz 2 GVG grundsätzlich unzulässig. Moderne Geräte verfügen über Kameras und Mikrofone, die sich – einmal im Saal vorhanden – kaum kontrollieren lassen. Deshalb reichte den Verfassungsrichter*innen für ein Verbot, dass es die Möglichkeit gibt, Aufnahmen zu machen. Darüber hinaus erschwere der Ausschluss von Laptops die Berichterstattung auch nicht so nachhaltig, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Pressefreiheit zu befürchten wäre (BVerfG, 03.12.2008 – 1 BvQ 47/08).

Das Gericht kann also in der Regel bestimmen, dass elektronische Geräte draußen bleiben. Dabei muss es darauf achten, dass die Anordnung auf das für den Ablauf der Sitzung erforderliche Maß beschränkt ist. Wenn den Medien beispielsweise Bild- und Tonaufnahmen vor Beginn der Sitzung gestattet sind, wäre es nicht nachvollziehbar, wenn diese nicht mit dem Smartphone angefertigt werden dürften, wohl aber mit einer Kamera. Sind Aufnahmen erlaubt, spielt die Art des genutzten Geräts keine Rolle. Zulässig ist allerdings den Medien aufzugeben, nach der Anfertigung der Aufnahmen den Sitzungssaal zu verlassen und nur ohne elektronische Geräte wieder zu betreten. Das ist derzeit an vielen Gerichten gängige Praxis.

Zu empfehlen ist, die Möglichkeit von Bild- und Tonaufnahmen wie auch die Nutzung elektronischer Geräte im Sitzungssaal vorab bei der Pressestelle des Gerichts anzufragen. Diese kann das dann im Vorfeld einer Verhandlung klären.

Das Mitschreiben in der Verhandlung ist grundsätzlich erlaubt. Der bloße Umstand, dass sich eine Person handschriftliche Aufzeichnungen über Vorgänge der Hauptverhandlung macht, rechtfertigt grundsätzlich nicht, weiteres Mitschreiben zu versagen oder sie gar des Sitzungssaals zu verweisen (BGH, Urteil vom 13.05.1982 – 3 StR 142/82). Dies gilt auch, so der Bundesgerichtshof, wenn „das ständige Schreiben den Richter ‘nervös macht’”.

Twittern aus dem Saal unangebracht

Aus einer Sitzung in Echtzeit berichten, beispielsweise über Twitter, sollten Journalist*innen nicht, selbst wenn die Nutzung von Smartphones durch das Gericht erlaubt wird. Vor allem wenn Zeug*innen vernommen werden sollen, können Inhalte aus der Verhandlung den ordnungsgemäßen Verlauf des Verfahrens gefährden. Liveberichte in sozialen Netzwerken würden dazu führen, dass die Gerichte umso strenger darauf achten, dass Smartphones draußen bleiben. Das Gericht darf an den Inhalt der Berichterstattung keine negativen Konsequenzen knüpfen. So darf das Gericht einen Journalisten nicht von der Sitzung ausschließen, weil der Vorsitzende über eine vergangene Berichterstattung verärgert war und weitere Veröffentlichungen ähnlicher Art befürchtet (BVerfG, Beschluss vom 06.02.1979 – 2 BvR 154/78). Die Befugnis, Anordnungen nach § 176 GVG zu treffen, umfasst eben nicht, auf Presseveröffentlichungen Einfluss zu nehmen. Kaum zu glauben, dass dies durch das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden war.

Wird im Einzelfall die Richtigkeit einer gerichtlichen Festlegung in Zweifel gezogen, haben Journalist*innen verschiedene Möglichkeiten. Zumeist wird es effektiv sein, das Gespräch mit der oder dem Vorsitzenden zu suchen und die eigenen Bedenken zu kommunizieren. Gegebenenfalls kann die Pressestelle im Konfliktfall vermitteln. Abseits dessen können Journalist*innen in Strafsachen auch eine Beschwerde einlegen, wenn ihrer Meinung nach die Anordnung unzulässig in ihre Rechte eingreift und zu befürchten ist, dass sie auch künftig die Berichterstattung erschwert. Das Gericht muss dann prüfen, ob es der Beschwerde abhilft oder die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorlegt.

 

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