Aktion für Ahmad Farhad, Pakistan

Wo ist Ahmad Farhad? Diese Frage stellen sich seine Frau, seine vier Kinder sowie Freund*innen und Kolleg*innen seit dem 15. Mai 2024. An diesem Tag wurde der pakistanische Journalist gegen ein Uhr nachts vor seinem Haus in Islamabad von vier Männern in Zivilkleidung entführt. Seither fehlt von ihm jede Spur.

Die Familie Ahmad Farhads beobachtete, wie er in einem Fahrzeug abtransportiert wurde. Die Entführer zerstörten die Überwachungskameras des Hauses und entfernten einen digitalen Videorekorder. Familienangehörige des Journalisten gingen um vier Uhr morgens zur Polizei. Doch dort weigerte man sich, die Anzeige (in Pakistan bekannt als „First Information Report“) aufzunehmen und den Fall zu untersuchen. Daraufhin reichte die Familie des 38-jährigen beim Hohen Gericht in Islamabad einen Antrag auf richterliche Haftprüfung ein. Das Gericht wies die Polizei an, Ermittlungen in dem Fall aufzunehmen.

Am 17. Mai erhielt die Ehefrau des Journalisten einen Anruf von Personen, die sich als seine Entführer ausgaben und sie aufforderten, ihre Eingabe beim Hohen Gericht zurückzuziehen. Im Gegenzug würden sie Ahmad Farhad freilassen. Am nächsten Tag beantragten Anwälte deshalb die Rücknahme des Antrags, doch der Journalist tauchte nicht wieder auf. Daraufhin beschloss die Ehefrau, den Rechtsweg weiterzugehen – jedoch ohne bisher etwas über das Schicksal ihres Mannes zu erfahren.

Ahmad Farhad äußert regelmäßig Kritik an den pakistanischen Behörden. Er wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach wegen seiner journalistischen Arbeit und seiner Aktivitäten in den sogenannten Sozialen Medien bedroht. Farhad arbeitet seit 15 Jahren als Journalist und war bereits für mehr als zehn pakistanische Nachrichtensender tätig. Zuletzt arbeitete er als Freiberufler, nachdem er von Arbeitgebern entlassen wurde, die von den Behörden unter Druck gesetzt worden waren. Farhad ist ein in Paki?stan bekannter Dichter, der seine Gedichte auf Urdu verfasst und darin politische Themen wie das Verschwindenlassen anspricht.

Ahmad Farhad kommt aus der von Pakistan verwalteten Region Asad Jammu und Kashmir, wo vor kurzem Massenproteste gegen die hohen Lebenshaltungskosten stattfanden. Die Demonstrationen wurden gewaltsam niedergeschlagen. Allein im Mai wurden mindestens drei Menschen getötet und beinahe hundert verletzt. Die Berichterstattung darüber wurde behindert, das Internet in der Region blockiert. Es besteht große Sorge um die Sicherheit von Ahmad Farhad, da Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen in Pakistan regelmäßig Opfer des „Verschwindenlassens“ werden. Farhad leidet zudem an einer schweren Form von Magenschleimhautentzündung und benötigt regelmäßig Medikamente.

Es gibt in Pakistan kein Gesetz gegen das Verschwindenlassen und den Behörden mangelt es oft am Willen, solche Fälle zu untersuchen. Familienmitglieder, die fordern, dass das Schicksal ihrer „verschwundenen“ Angehörigen aufgeklärt wird, werden regelmäßig von den Behörden schikaniert, überwacht und eingeschüchtert.


Was können Sie tun? Schreiben Sie an den pakistanischen Innenminister und fordern Sie ihn auf, das „Verschwinden“ des Journalisten Ahmad Farhad umgehend unabhängig untersuchen zu lassen. Verlangen Sie Farhads bedingungslose Freilassung, sollte er sich in staatlichem Gewahrsam befinden.

 

Schreiben Sie auf Englisch oder Deutsch an:

Mr. Mohsin Naqvi

Ministry of Interior

R Block, Pak Secretariat

Islamabad, PAKISTAN

Fax: (00 92) 519 212 026

E-Mail: secretary@interior.gov.pk

 

Senden Sie eine Kopie an:

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN

I.E. Frau Saqlain Syedah

Schaperstraße 29

10719 Berlin

Fax: (030) 21 24 42 10

E-Mail: mail@pakemb.de

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Neue Europäische Medienplattform

Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das der deutsche Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer und seine französische Amtskollegin Rachida Dati auf den Weg bringen: die Entwicklung einer europäischen Medienplattform. Im Zentrum soll dabei das Internet-Angebot des deutsch-französischen Kulturkanals Arte stehen, dass zu einer solchen Medienplattform mit bis zu 24 Sprachen ausgebaut werden soll.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Verzögerung in Fretterode-Verfahren

Sieben Jahren verschleppt: Der brutale Angriff von zwei Rechtsradikalen auf Journalisten im Jahr 2018 kommt auch in der Berufung einfach nicht vor Gericht. Sven Adam, Anwalt der bei dem Überfall erheblich unter anderem mit Schraubenschlüssel, Messer und Baseballschläger verletzten Journalisten, kritisiert das erneute Justizversagen und erhebt wieder eine Verzögerungsrüge gegen das Gericht im thüringischen Mühlhausen.
mehr »

Honduras: Gefahr für Medienschaffende

Nicht nur unter Berichterstatter*innen waren die Erwartungen an die erste Frau im honduranischen Präsidentenpalast enorm hoch. Doch Xiomara Castro, die sich im Wahlkampf und nach ihrer Vereidigung im Januar 2021, verbal für Menschenrechte und die Pressefreiheit stark gemacht hatte, ist vieles schuldig geblieben, erklärt Journalistin und Medienanalytikerin Dina Meza.
mehr »