Sie stand bei den erneuten Koalitionsverhandlungen zur Bildung der aktuellen österreichischen Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos ganz oben auf der Agenda: die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Erwartet wurden massive Sparmaßnahmen, mit dem Ziel, den ORF „schlanker, digitaler, transparenter, bürgernäher, regionaler und nachhaltiger zu gestalten“, wie es im Regierungsprogramm der Dreierkoalition laut epd heißt.
Dazu wird nun unter anderem der ORF-Beitrag (vergleichbar mit dem GEZ-Beitrag) über die aktuelle Haushaltsperiode hinaus eingefroren und soll bis einschließlich 2029 bei 15,30 Euro pro Monat und Haushalt liegen. Eine mögliche Reduzierung oder Abschaffung des Beitrags ist damit allerdings vorerst vom Tisch.
Der ORF hatte zuletzt laut Standard in seiner mittelfristigen Finanzplanung mit einer Anpassung des Beitrags im Jahr 2027 in niedrigem einstelligem Prozentbereich kalkuliert. Sie hätte demnach dem ORF 57 Millionen Euro pro Jahr gebracht.
Wenn die jetzt fehlen, sind Einsparungen im Personalbereich zu befürchten, denn die Koalition will weder bei Programmen noch bei Orchestern kürzen und den Medienstandort Österreich zugleich „im Sinne einer einheitlichen Förderstrategie mit dem Fokus auf Qualitätsjournalismus, Treffsicherheit, Zukunftsfähigkeit und Medienvielfalt“ weiterentwickeln.
Stiftungsrat setzt sich neu zusammen
Zu einer Einigung ist es nun auch im Hinblick auf die verfassungsgerichtlich verfügte neue Zusammensetzung des ORF-Stiftungsrats gekommen. So wie vorgeschlagen, entsendet die Bundesregierung künftig sechs statt neun Mitglieder nach einer öffentlichen Ausschreibung in den ORF-Stiftungsrat, aus dem Publikumsrat kommen neun statt sechs Stiftungsräte. Die Gesamtzahl bleibt bei 35. Die Qualifikationserfordernisse der Stiftungsräte werden neu gefasst, die Neubestellungsmöglichkeit nach einem Regierungswechsel wird gestrichen.
Bei der Besetzung der Regierungsbank des Stiftungsrats ist ein Vorschlagsrecht für drei Mitglieder durch den Bundeskanzler vorgesehen. Zwei Mitglieder darf demnach der Vizekanzler, ein Mitglied das ranghöchste Regierungsmitglied der Neos vorschlagen.
Der Verfassungsgerichtshof Österreich hatte im Oktober 2023 einzelne Bestimmungen des ORF-Gesetzes über die Bestellung und die Zusammensetzung des Stiftungsrats und des Publikumsrats als verfassungswidrig aufgehoben. Sie verstießen gegen das Gebot der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung der Organe, lautete die Begründung. Der Gerichtshof wandte sich vor allem gegen die Bestimmung, dass die Bundesregierung mehr Mitglieder bestellen kann als der Publikumsrat.
Vertriebswege sichern, Medienkompetenz stärken
Zudem möchte die neue Regierung die flächendeckende Zeitungszustellung in den Regionen sicherstellen. Dafür werde ein Fördermodell zur Stärkung analoger Vertriebswege entwickelt. Bei den Sozialen Medien strebt die Regierung eine Stärkung der digitalen Medienkompetenz sowie transparente und funktionale Beschränkung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen an.
Grundsätzlich betont das Programm den hohen Wert unabhängiger Medien für die Demokratie: „Unabhängige Medien, die objektiv, sachlich und kritisch berichten, sind eine unverzichtbare Säule demokratischer Öffentlichkeit“, heißt es. Unter dem Motto „Medienbildung statt Fake News“ sind deswegen 30 Millionen Euro für Zeitung-Abos für junge Menschen vorgesehen, um den Medienstandort sowie den Zugang zu unabhängigem Journalismus zu unterstützen.
Privatrundfunk fordert mehr Unterstützung
Der Vorstand des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP) begrüßte die Regierungsvorhaben zur Stärkung des Medienstandorts, forderte aber mehr Unterstützung für Privatrundfunk. „Die Marktsituation ist schwieriger denn je und die Finanzierung der privaten TV- und Radio-Sender ist stark unter Druck“, erklärte VÖP-Präsident Mario Frühauf. Der Medienmarkt brauche mehr Unterstützung durch die Politik, um die negativen Auswirkungen der Big-Tech-Plattformen auf Österreichs Medien einzubremsen.
Es sei sinnvoll, den öffentlich-rechtlichen Auftrag und Charakter des ORF weiterzuentwickeln, erklärte der VÖP. Dabei müsse allerdings darauf geachtet werden, dass der ORF seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag künftig in jedem seiner Programme wahrnehme. Dies solle „mit einer Beschränkung der kommerziellen Aktivitäten des ORF einhergehen, insbesondere im Bereich der Vermarktung“.