Björn Richter: Mitorganisator der Tour von Kiel nach Oslo
Die jungen Menschen in Osteuropa haben es Björn Richter angetan. Mit 18 haben sie in der Regel das Abitur in der Tasche und steuern die Uni an. Sie sprechen meist Englisch, ihre Landes- und noch eine weitere Sprache. Auslandssemester sind für sie kein unfreiwilliges Muss, sondern die Chance, in kürzester Zeit so viel wie möglich zu lernen. Mit 22 sind sie fit für den Job, wer gut ist, leitet mit 24 eine eigene Abteilung.
„So viel Engagement von Seiten der Studierenden und der Studieneinrichtungen wünsche ich mir in Deutschland auch“, sagt der 25-jährige Politikstudent an der Freien Universität Berlin. Und macht dabei ganz und gar nicht den Eindruck, als ließe er Leben und Studium gemächlich an sich vorüberziehen. Im Gegenteil: Er ist einer derjenigen jungen Leute, von denen sich Bundesregierung und Ausbildungsverbände mehr wünschen.
Gestern noch war Björn Richter in Ungarn, heute vormittag gibt er ein Interview, am Nachmittag ist er schon wieder in Mecklenburg-Vorpommern. Vor zwei Wochen hat er Semesterklausuren geschrieben, in wenigen Tagen ist er unersetzbar im Büro des Bundesverbandes der Jugendpresse Deutschland, deren Vorstandssprecher er ist. Die letzten Vorbereitungen für den Ausbildungskongress „Fuß fassen“, der Anfang Mai auf dem Passagierschiff „MS Kronprins Harald“ in Kooperation mit der Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union bei ver.di (dju) stattfindet, warten auf Erledigung. Zweieinhalb Tage lang werden dann zum vierten Mal 150 Nachwuchsjournalisten, Volontäre und Studierende, die in den Journalismus einsteigen wollen, von Kiel nach Oslo und zurück schippern. In dieser Zeit werden sie Vorträge hören, debattieren, schreiben, layouten. Mit gestandenen Medienleuten aller Sparten. In diesem Jahr u. a. mit Otfried Krüer-Bürgermann vom NDR, Oliver Gäbel von RTL, Ingrid Kolb von Henri-Nannen-Schule und Thomas Leif vom Netzwerk Recherche.
Youth Media Convention
„Fuß fassen“, die Youth Media Convention 2005 vom 3. bis zum 5. Mai – ein Ausbildungskongress für künftige Journalistinnen und Journalisten auf der „MS Kronprins Harald“ auf dem Weg von Oslo nach Kiel. Veranstalter ist die Jugendpresse Deutschland und die dju in ver.di. Anmeldungen unter: www.youthmediaconvention.de
Die Kongresse, Tagungen und Medienveranstaltungen, die die Jugendpresse und die dju organisieren, genießen bundesweit einen guten Ruf. Vor allem, weil die Teilnehmer mit einem Paket an Wissen nach Hause fahren, das sie anderswo so nicht geboten bekommen.
Björn Richter ist in einem Alter, in dem in Deutschland nicht wenige gerade beginnen zu studieren. Er hat sein Studium fast hinter sich, kennt unzählige Medienmenschen in diesem Land und die dazugehörige Szene. Das hat nicht zuletzt mit seiner ehrenamtlichen Arbeit bei der Jugendpresse und im dju-Bundesvorstand zu tun. „Dabei habe ich mehr gelernt als beim Studium“, sagt er. Wer beispielsweise den Bundestag dazu bringen will, einer Gruppe von Schülerzeitungsredakteuren Einblick in die Arbeit des Parlaments zu geben und Bundestagsabgeordnete der ersten Reihe zum Interview zu bitten, Promis wie Tagesthemenanchorman Ulrich Wickert und Moderatorin Sandra Maischberger ins Kuratorium der Jugendpresse zu hieven, Zeitungen für verschiedene Parteitage zu erstellen und nicht zuletzt mehrtägige Großkongresse auf die Beine zu stellen, der muss wie Björn Richter einiges können: Konzepte schreiben und sie kommunizieren, überzeugen, sich selbst darstellen, hartnäckig sein, logisch argumentieren, organisieren und schließlich auch noch unkonventionell, schnell und sicher schreiben. „Wenn mein Ehrenamt als Ausbildung anerkannt würde, könnte ich längst im Job sein“, ist sich der junge Mann sicher. Letztlich muss er auch noch immun sein gegen Vereinnahmung und dabei auch noch einen klaren Kopf behalten. So hat die Jugendpresse für einen CDU-Parteitag eine Zeitung produziert, die die CDU vollständig bezahlte. Die jungen Journalisten titelten eigenwillig mit: „Good bye Angie“.
Seit acht Jahren lebt die Jugendpresse von und mit Björn Richter. Mit 17, als er noch die Schülerzeitung „Der Psychiater – der Schüler auf der Couch“ seines Gymnasiums in Pampow in der Nähe von Schwerin machte, war er das erste Mal dabei – als Teilnehmer eines Jugendmediencamps. Später stieg er als Organisator ein und hob zeitgleich bei der Ostseezeitung Rostock das Magazin ozelot mit aus der Taufe.
Doch es gibt immer ein Leben danach. In gut einem Jahr greift bei Björn Richter das Jugendpresse-Alterslimit von 27 Jahren. „Aber das ist auch gut so. Ich wollte nicht überwintern in dem Job.“ Trotz seines Know How ist er unentschlossen, ob er eher ins Medien- oder ins Politikgeschäft einsteigen will. „Ich kenne beide Bereiche, jeder ist ein harter Brocken.“ Wie beide unmittelbar zusammenhängen, hat er früh durch den „Psychiater“ erfahren. Die Lehrer der Schule wollten eine Ausgabe zensieren, die Schüler wehrten sich. Das Landesbildungsministerium nahm dies zum Anlass, die ohnehin schon geführte Debatte um Meinungsfreiheit von Schülerzeitungen auszuweiten. An deren Ende erhielten die Lehrer ein Zensurverbot.