Aufklärung von Festnahme gefordert

Polizeiwagen und Blaulicht Polizei

Symbolfoto: 123rf

Eine Serie von PKW-Brandstiftungen sorgte in Dortmund im August für Aufsehen. Zwei Journalisten, die aufgrund von Recherchen vor Ort waren, wurden am 22. August in der Nähe eines Tatorts aufgegriffen und für 16 Stunden in Polizeigewahrsam genommen. Die Wohnung eines Journalisten wurde währenddessen gewaltsam aufgebrochen und Arbeitsmaterial beschlagnahmt. Die Gewerkschaft ver.di fordert die lückenlose Aufklärung des Vorgangs und kritisiert die Dortmunder Polizei für ihren Umgang mit der Pressefreiheit.


Die beiden Reporter hatten sich an diesem Abend in der Nähe eines Parkplatzes aufgehalten, nachdem dort drei Abende in Folge Autos unweit einer Unterkunft für Geflüchtete angezündet worden waren. Sie wollten mit ihren Kameras dokumentieren, falls auch in dieser Nacht die Brandserie fortgesetzt würde und wie die Polizei vor Ort agiert. Die war auch mit einer Vielzahl von Zivilkräften in der Umgebung und beobachtete sogar von den umstehenden Häusern aus den Parkplatz. Eine Brandstiftung gab es auch in dieser Nacht. Doch statt der Täter nahm die Polizei die beiden Journalisten fest.

Pressefreiheit missachtet

„Die Pressefreiheit ist ein unermesslich hohes Gut für unsere Demokratie, dessen Schutz immer mit in die Wahl von Maßnahmen einfließen muss“, erklärte Christof Büttner, zuständig für die Fachgruppe Medien in ver.di NRW. „Es scheint, dass die Kollegen nur aufgrund ihrer Anwesenheit in Tatortnähe für mehrere Stunden festgehalten wurden. Andere Indizien lagen unserer Kenntnis nach nicht vor. Es hätte somit viel früher festgestellt werden können, dass sie nur im Rahmen ihrer Recherchetätigkeit vor Ort waren.“

Büttner berichtet, dass von der Polizei auch eine Wohnung aufgebrochen wurde und Arbeitsmaterial beschlagnahmt worden sei, obwohl die Schlüssel der Polizei vorlagen.
Wenn Journalist*innen Sorge haben müssten, im Rahmen ihrer Berichterstattung von der Polizei in Gewahrsam genommen und über Stunden festgehalten zu werden, beschneide sie das eindeutig in der Ausübung ihrer Tätigkeit und damit am Ende auch die Pressefreiheit, so Büttner.

Juristisch zweifelhaft

Auch juristisch gibt es Zweifel am Vorgehen der Polizei. „Die Ermittlungsbehörden müssen in einer solchen Konstellation damit rechnen, dass die angetroffenen Personen aus anderen Gründen vor Ort sind. Vorliegend hatten sie sogar einen guten Grund, nämlich die Berichterstattung über die Brandserie“, betont Dr. Jasper Prigge, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, im Nordstadtblogger. „Außer der Anwesenheit in der Nähe des Tatorts, gab es keinerlei Anhaltspunkte für eine Tatbeteiligung. Die Maßnahmen waren aus meiner Sicht überzogen“, so Prigge.

Gewerkschaft ver.di fordert Aufklärung

Die in der Wohnung beschlagnahmten Handys, Laptops, Speicherkarten, Festplatten und Kameras wurden laut ver.di erst auf anwaltliches Wirken hin freigegeben und die Daten von den Polizeiservern gelöscht.
„Die Brutalität, mit der die beiden Kollegen aufgegriffen wurden und die in einem Fall dazu führte, dass ein Rettungswagen gerufen werden musste, schockiert uns. Beide Journalisten wehrten sich nicht und wurden dennoch zu Fall gebracht und mit dem Kopf auf dem Boden fixiert. Die behördlichen Maßnahmen scheinen überzogen und in Teilen grenzüberschreitend gewesen zu sein. Darum bitten wir die Polizei um ihre Darstellung der Ereignisse und um die lückenlose Aufklärung des Vorgangs“, so Büttner weiter.
Die Brandserie selbst scheint indes aufgeklärt zu sein. Am 1. September wurde eine 18-jährige Dortmunderin festgenommen und der Haftrichterin vorgeführt werden. Die Tatverdächtige befindet sich in Untersuchungshaft.

Weitere aktuelle Beiträge

Proteste bei TiKTok in Berlin

Rund 150 Beschäftigten der Trust and Safety-Abteilung (Content-Moderation) von TiKTok und einem Teil der Beschäftigten aus dem Bereich TikTok-Live (rund 15 Beschäftigte) in Berlin droht die Kündigung. Das  chinesische Unternehmen plant die Content-Moderation künftig verstärkt durch Large-Language-Models (Künstliche Intelligenz) ausführen zu lassen und die Arbeit an andere Dienstleister auszulagern. Dagegen protestierten heute vor der TikTok-Zentrale in Berlin Beschäftigte und Unterstützer*innen.
mehr »

Drei Fragen zum Streik der SZ

In den beiden Wochen vor der zehnten Tarifrunde mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) am 18. Juli erhöht die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) mit den Redakteur*innen in den Zeitungsredaktionen bundesweit den Streikdruck. Besonders im Süden der Republik kommt es zu mehrtägigen, spürbaren Streiks. Auch bei der Süddeutschen Zeitung (SZ) wird seit gestern wieder gestreikt. Wir sprachen mit Ertunç Eren, ver.di-Fachsekretär Medien, Bezirk im München.
mehr »

Der Clickbait mit den miesen Botschaften

„Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, nach diesem Motto bewertete einst Helmut Thoma, der kürzlich verstorbene ehemalige RTL-Chef, den Erfolg von Programmformaten. Dieses für private Sender typische Prinzip findet inzwischen seine Fortsetzung in immer mehr digitalen Nachrichtenportalen. Das untermauert eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin nach der Auswertung von 40 Millionen Schlagzeilen.
mehr »

Halbzeit bei der UEFA Frauen-EM

UEFA-Women’s Euro 2025 heißt das Turnier nach dem Willen des Europäischen Fußballverbands. Bei den Männern wird auf die geschlechtsspezifische Eingrenzung verzichtet. Möglichweise ein Relikt aus den Zeiten, als das Kicken selbstverständlich eine maskuline Sportart war, vermeintlich ungeeignet für die „zarte Weiblichkeit“. 
mehr »