Eine Einführung in Data Mining, Schnarchdaten und Designvarianten
„2016 wird das vorerst beste Jahr für den Datenjournalismus in Deutschland werden.“ Davon zeigte sich Lorenz Matzat auf „datenjournalist.de“ überzeugt. 2016 zumindest hat er, der seit 2009 als Journalist, Blogger und Softwareunternehmer mit Open Data und Datenjournalismus arbeitet, das Jahr genutzt, um in der UVK-Reihe „Praktischer Journalismus“ den Band 101 zum „Datenjournalismus – Methode einer digitalen Welt“ zu verfassen. Das Interesse an dieser journalistischen Arbeitsweise teilen die Journalist_innen in ver.di, deshalb ist Datenjournalismus Thema des 30. Journalistentags am 21. Januar 2017 im Berliner ver.di-Haus: „Hashtag, Hightech, Hackmac“.
„Daten zum Klingen zu bringen ist das Aufgabengebiet des Datenjournalismus“ schreibt Matzat in seinem schmalen Bändchen, das für Einsteiger gedacht sei. Herausgebildet habe sich dieses journalistische Betätigungsfeld erst 2009/10, deshalb ist es für „Datenanfänger“ sicher hilfreich, dass der Autor dem auch für Laien gut lesbaren und wirklich lesenswerten Bändchen ein kleines Glossar angefügt hat. Zum Nachschlagen kann auch die gut gegliederte Inhaltsangabe hilfreich sein. Alle im Band aufgeführten Kurzlinks führen zu weiteren Erklärungen und interessanten Texten oder Projekten. Sie können auf der Internetseite www.datenjournalist.de/buch neben der Lektüre verfolgt werden.
Was ist eigentlich Datenjournalismus, fragt Matzat. Diagramme allein jedenfalls nicht, und auch nicht nur eine Recherchemethode, die Computer nach Daten durchforstet, denn die habe es schon seit den 1950er Jahren gegeben. „Data Driven Journalism“ sei vielmehr eine Methode, die „Softwarewerkzeuge und manchmal eigens programmierte Codes verwendet, um mit kleineren und größeren Datenmengen zu arbeiten“, die in der digitalen Aufbereitung die interaktiven Möglichkeiten nutzt und dem User erlaubt, seine eigenen Schwerpunkte als Frage an die aufbereiteten Datenbanken zu setzen. Das Ganze wird umrahmt durch die Analyse der Aussagekraft der Daten („Data Mining“) und den journalistisch ausformulierten Bericht. Was laut Autor nicht bedeuten soll, dass Datenjournalismus nicht auch in Print, Radio oder Fernsehen stattfinden könne, nur gehe die Interaktivität dabei verloren.
Nach der Einführung gliedert Matzat sein Bändchen in die Kapitel Grundlagen, Methodik und Veröffentlichung. Dabei gibt er auch praktische Tipps, wie etwa bei Pressestellen etc. nachzufragen, ob die Statistiken auch in anderen, weiter verarbeitbaren (und nachprüfbaren) Formaten vorliegen, nicht nur als PDF.
Muss ein Datenjournalist programmieren können? Nein, sagt Matzat, ein Rennfahrer müsse auch kein Auto reparieren, aber den Motor verstehen, um Probleme beschreiben zu können. Denn Datenjournalismus ist Teamarbeit, Journalist_in und Programmierer_in sollten nicht aneinander vorbeireden. „Doch jemand, der keine oder wenig Affinität zum Digitalen, zur Mathematik, speziell Statistik aufweist, sollte die Finger vom Datenjournalismus lassen.“ Und „die eigene Frustrationsschwelle sollte nicht zu niedrig liegen“. Auch englische Fachausdrücke und Design sollten geläufig sein. Zur Themenwahl warnt er: „Datenanalyse kann einem nur etwas bringen, wenn man sich mit dem Kontext auskennt“, damit die richtigen journalistischen Fragen an die Datensätze gestellt werden.
Dabei empfiehlt der Autor, ab und zu innezuhalten und „aus der ‚Betriebsblindheit‘ herauszutreten“, nachzudenken, ob man tatsächlich „einem journalistischen Mehrwert“ auf der Spur ist oder sich in „Schnarchdaten“ verheddert hat, in „Datensätze ohne wirklich interessante oder nützliche Inhalte“. „Datenjournalismus ist gekommen um zu bleiben“, behauptet Matzat. Aber: „Wie jeder Aspekt der digitalen Gesellschaft ist er einer permanenten Evolution unterworfen.“
Lorenz Matzat: Datenjournalismus – Methode einer digitalen Welt. Praktischer Journalismus Band 101. UVK Konstanz und München 2016. 100 Textseiten, 17,99. Als E-Book 14,99. ISSN1617-3570.