„Wir müssen uns absurd hoch qualifizieren“, so Vanessa Vu von Zeit Online, mit Jahrgang 1991 jüngste Theodor-Wolff-Preisträgerin. Sie übernahm die Rolle des erfolgreichen Youngsters auf dem 32. ver.di-Journalistentag in Berlin, der unter dem Titel „Zurück in die Zukunft. Push the Button“ die journalistische Aus- und Weiterbildung unter die Lupe nahm. Es ging um den Spagat zwischen Leidenschaft und Existenzsicherung, Handwerk und Haltung und um Wege, wie der Nachwuchs dem Journalismus neue Impulse geben kann.
Wie sehr die Anforderungen an den Journalismus gestiegen sind, führte Frank Werneke in seinem Eröffnungsstatement aus, das dju-Bereichsleiterin Cornelia Berger für den erkrankten stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden vortrug: verdichtete Arbeitsabläufe, durch Tools vereinfachte, aber auch komplexere Recherche: „Ohne Online geht heute gar nichts.“ Denkbar wäre – mit Blick auf Claas Relotius – eine unabhängige Beschwerdestelle für journalistische Fehlleistungen einzurichten. Obwohl hier jemand „ein gehöriges Maß an krimineller Energie an den Tag gelegt hat, zeigt der Fall, dass man an den Strukturen ansetzen muss.“ Dazu gehöre, den Befürchtungen von Whistleblowerinnen und Whistleblowern professionell nachzugehen, anstatt Druck auf sie auszuüben. Bei der Ausbildung gelte es, nicht nur Handwerk zu vermitteln, sondern auch das „Rüstzeug, eine Haltung einzunehmen“.
Fehlende Zeit für gewerkschaftliches Engagement
Vanessa Vu freute sich, dass sie seit Januar einen unbefristeten Vertrag bei Zeit Online hat und kommentierte: „Je prekärer der Job, desto weiblicher der Nachwuchs.“ Trotz Druck und Arbeitszeitverdichtung arbeite sie gern bei Zeit Online, das mache ihr nichts aus, sie sei die “Generation Krise“. So beschrieb sie als Youngster, was es heute heißt, Journalist*in zu sein. Der alte Hase Klaus Schrage, Betriebsratsvorsitzender bei den Nürnberger Nachrichten, zeigte sich enttäuscht: „Wir haben in den Tarifverhandlungen was rausgeholt, aber wo sind die Kollegen unter 30, wenn es darum geht für die eigenen Tarife zu streiten? Ihr lasst euch verarschen!“ Ihr Chef trage einen Kapuzenpulli, nenne die Teeküche Coffee-Point und reibe sich die Hände: „Die machen’s auch für 2000 Euro.“
Vanessa Vu entgegnete: „Ich bin nicht so aktiv, denn ich habe keine Zeit. Es ist absurd hart, in den Journalismus zu kommen und in diesem Rennen gehen andere Dinge verloren. Solidarität wäre besser, aber das ist ein bisschen viel für uns. „Schrage wünscht sich mehr Vielfalt in den Redaktionen, Kontakt zu jungen Kolleg*innen, die wissen, wie man Content verpackt“. Gemeinsam mit Vu forderte er „mehr Jobs, mehr Geld, mehr Zeit, mehr Spaß“. Bei der Gewerkschaft könne sie sich leichter engagieren, wenn es um konkrete Projekte gehe, so Vu – etwa bei einer Demo oder einer Petition.
Der „Sprung ins kalte Wasser“
Nach dieser generationsübergreifenden Einstimmung wurden fünf Wege in den Journalismus vorgestellt. Jan Henning Rogge, Online- und Ausbildungsredakteur beim Mindener Tageblatt, das jeweils drei Volontäre ausbildet, sagte, die Bewerbungen für ein klassisches Verlagsvolontariat, den „Sprung ins kalte Wasser“, seien zurückgegangen. Die meisten hätten einen Hochschulabschluss, aber man sei auch gespannt auf weniger gradlinige, „coolere Biografien“. Das Wichtigste für angehende Journalist*innen sei die Begeisterung für Menschen und fürs Schreiben – „Bock auf den Beruf“ zu haben. Die meisten Volontär*innen würden beim Mindener Tageblatt übernommen. Es gebe inzwischen viele jüngere Redakteur*innen, denn das „Crossmediale zieht bei uns immer mehr ein“.
Ähnlich sind die Anforderungen für ein Volontariat bei einer Rundfunkanstalt: Bewerber*innen müssten vor allem „Neugier, den Dingen auf den Grund zu gehen, mitbringen“, so Kommunikationstrainer Michael Neugebauer von der electronic media school ems/rbb, die crossmedial für öffentlich-rechtliche und private Rundfunksender ausbildet. 98 Prozent der bisherigen Absolvent*innen hätten Jobs im Journalismus gefunden.
Bessere Chancen für den Nachwuchs
Anders als in Deutschland, wo das Volontariat der „Königsweg“ in den Journalismus sei, dominiere in den USA die akademische Ausbildung, so Onlinejournalismus-Professor Lorenz Lorenz-Meyer von der Hochschule Darmstadt. In Deutschland gebe es mittlerweile auch 50 Bachelor- und 30 Masterstudiengänge „Journalistik“ bzw. „Journalismus“ und dazu noch 15 Journalistenschulen. Das Studium sei keineswegs „verkopft“, denn es gebe Praxisphasen und Projekte. So habe die Online-Lehrredaktion in Darmstadt zusammen mit Reporter ohne Grenzen das „Ende der Vielfalt“ über Pressekonzentration publiziert. „Schwachstelle“ im praxisorientierten Studium sei die Vermittlung von Fachwissen etwa in Politik oder Wirtschaft. So müssten die Studierenden oft ihre thematischen Interessen alleine vertiefen.
Henriette Löwisch, Leiterin der Deutschen Journalistenschule in München, sieht gute Berufschancen für den journalistischen Nachwuchs. Regionalzeitungen und auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten müssten „den demografischen Wandel verkraften“ und suchten Fachkräfte, wobei Vielfalt in Biografien (soziale Herkunft, Familie) und Beherrschung verschiedener Mediengattungen „Trumpf“ sei.
Den „fünften Weg“ hat Carina Fron gewählt. Sie arbeitet seit 2016 als freie Journalistin mit dem Schwerpunkt Wissenschaft, nachdem sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin machte, Germanistik studierte und beim Uniradio Mephisto in Leipzig arbeitete. Ihr „Geheimrezept: pitchen, pitchen, pitchen“ – Auftraggeber suchen und zuverlässig beliefern. Auch wenn sie nie weiß, wie viel Geld sie am Monatsende hat, bleibt ihre Begeisterung für den Beruf: „Das Beste ist Geschichten zu erzählen und Menschen zu treffen.“
Ausbildungsniveau auch Problem der Ausbilder
In die anschließende Podiumsrunde zum Stand des journalistischen Berufes holte Moderatorin Miriam Scharlibbe, Redakteurin bei der Neuen Westfälischen, noch zwei weitere Diskutanten: Thomas Hestermann, Journalismusprofessor an der privaten Macromedia-Hochschule in Hamburg, der im Beruf „Geld, Ruhm und Spaß“ haben wollte, und Leonard Ottinger von der RTL-Journalistenschule, der bei Bewerber*innen längere Praxiserfahrungen schätzt, aber viele kurze Praktika als „Lebenslaufkosmetik“ abtut. Auch Henriette Löwisch hält nichts von zu vielen Praktika – zumal sie meist nicht bezahlt werden.
Die journalistische Ausbildung entwickelt sich teilweise zum Luxusgut. Während an der Uni Semestergebühren bezahlt werden müssen, die DJS vollen Einsatz, aber kein Geld verlangt und RTL 1000 Euro pro Monat zahlt, verlangt die private Macromedia 890 Euro pro Monat von den Studierenden. Wer könne sich das leisten, fragten sich viele. Und wie solle Vielfalt in den bürgerlich-homogenen Redaktionen verwirklicht werden, wenn junge Menschen aus ärmeren Familien keine Chance haben, weil ihnen das Geld fehlt und ihre Eltern Bild statt Die Zeit lesen? Das spiegelt sich auch in der Berichterstattung, wo die Arbeitswelt unterrepräsentiert ist und Wirtschaftsjournalist*innen häufig „Anlageberatung machen“, anstatt Wirtschaftsstrukturen zu thematisieren und zu hinterfragen, so Lorenz-Meyer: Ausbilder müssten auch dafür ein Bewusstsein schaffen.
„Das Ausbildungsniveau sei auch ein Problem der Ausbilder“ wurde getwittert, als es um die Anforderungen des Berufs ging. Die unabdingbare Leidenschaft für den Journalismus könne handwerkliche Mängel nicht ausgleichen, so Lorenz-Meyer, der betonte, wie wichtig auch Strategie- und Formatentwicklung für den Journalismus sei, um ihn voranzubringen. Angebracht sei außerdem Skepsis gegenüber dem Storytelling, dem „Schein des schönen Erzählens“ – wie der Fall Relotius zeige. Zunächst gehe es darum, Fakten zu prüfen und zu analysieren. Thomas Hestermann empfahl dem journalistischen Nachwuchs bei schlechten Honoraren auch mal „nein“ zu sagen, denn Löhne ändern sich nur, wenn Leute dafür kämpfen: „Geht in den Betriebsrat, geht in die Gewerkschaften!“
Weiterbildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Galt der Vormittag der Ausbildung für den Journalismus, widmete sich der Nachmittag des Journalistentages der Weiterbildung für Journalist*innen: „Vorangehen statt stehenbleiben: Welche Weiterbildung benötigen feste und freie Journalist*innen? Und wie kann das sichergestellt werden?“
Adrian Schimpf, Personalleiter bei der Madsack Mediengruppe, schilderte die Weiterbildung in seinem Unternehmen für alle über 700 angestellten Journalist*innen als Pflichttermine in den Redaktionen. Besucht von einem konzernweit zuständigen „Headcoach“ und mit externen Trainern sollen die Mitarbeiter*innen dort für die digitale Transformation fit werden, die für Schimpf das Geschäftsmodell der Zukunft für regionale Tageszeitungen ist. Deshalb seien diese Weiterbildungskosten eine ganz wesentliche Investitionsentscheidung für Madsack. Auch Jorg Brokmann, Betriebsratsvorsitzender der Braunschweiger Zeitung (Funke Mediengruppe), verwies auf einen dicken Katalog an Weiterbildungsangeboten der Funke Mediengruppe, doch in der Realität bekämen die Kolleg*innen die Zeit für die Weiterbildung nicht. Sie habe im Redaktionsalltag keine Priorität und die Chefs und Führungskräfte motivierten die Mitarbeiter*innen daher zu wenig zur Weiterbildung.
Selbst für kostenlose Programme keine Freistellung
Ulrike Dobelstein-Lüthe betreut an der Hamburg Media School das von Facebook finanzierte Digital Journalism Fellowship zur digitalen Weiterbildung. 20 Bewerber*innen, darunter auch Freie, wurden angenommen. Sie habe aber mit allen Bewerber*innen – eine dreistellige Zahl – gesprochen, das sei „eine Frage des Respekts“. Für diese vielfach etwa 50-jährigen stand der Austausch mit jungen Leuten und das „Nicht-abgehängt werden“ von der digitalen Entwicklung in der Medienbranche im Vordergrund. Doch selbst hier konnten viele Festangestellte keine Zusage des Arbeitgebers erhalten, dass sie für das kostenlose, einjährige Programm von insgesamt 50 Tagen in mehreren Etappen freigestellt werden. Dass viele Medienunternehmen ähnlich wie Madsack überwiegend auf Inhouse-Schulungen setzen, hat auch Martina Lenk von der ARD-ZDF-Medienakademie beobachtet, und das am liebsten mit immer kürzerer Seminarzeit zu möglichst geringen Kosten und in zu großen Gruppen. Weiterbildung dürfe aber keine Berieselung sein, sondern ein Ausprobieren neuer Möglichkeiten in gemischten Teams mit verschiedenen Spezialisierungen, um die Arbeitsabläufe der Kolleg*innen nachvollziehen zu können. Brokmann betonte, die internen Schulungen würden dem Anspruch an die ädigitale Transformation nicht gerecht, der Austausch über die Entwicklung in anderen Häusern sei wesentlich.
Wie Weiterbildung auch für Freie möglich ist, war ein heißes Thema zwischen Podium und den Zuhörer*innen im Saal, die Moderatorin Vera Linß frühzeitig in die Diskussion einbezog. Freie an den internen Schulungen teilnehmen zu lassen, sei ein rechtliches Problem wegen ihres Selbstständigenstatus. Peter Freitag vom dju-Bundesvorstand empfahl als Rezept, die Honorare so zu erhöhen, dass sich Freie selbst Weiterbildung finanzieren könnten. Thomas Klatt, als freier Journalist für den RBB unterwegs, schilderte den Kampf um Kostenübernahme und Tagessatz im Sender als „Gewürge“, meist mit wenig Aussicht auf Erfolg. Einen Verweis aus dem Publikum gab es auch auf die hohen Kosten der Veranstaltungen, zum Beispiel in der ARD.ZDF-Medienakademie, die sich als gemeinnützige GmbH selbst tragen muss. Dass Weiterbildung als Investition in die Zukunft bei den Verlagen gälte, gute Gehälter aber nicht, monierte Klaus Schrage, Vorsitzender der dju-Tarifkommission.
Wissen um Auskunftsrechte
Stern-Reporter Hans-Martin Tillack schilderte in seinem „Werkstattbericht Auskunftsrechte“, dass er selbst erst als Brüssel-Korrespondent von angelsächsischen Kollegen auf das Rechercheinstrument der Behördenauskunft aufmerksam gemacht worden sei. Dies sei dort ein gängiges Verfahren, in den USA seit 1967 gesetzlich verankert. Auf Behörden-Homepages werde oft extra auf Auskunftsrechte hingewiesen und sie würden – vielleicht auch deshalb – viel häufiger genutzt als bei uns. Ein Auskunftsrecht für jeden Bürger gibt es in Deutschland erst seit dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) 2006. Widerspenstigen Bundesbehörden könnte auch mit Hilfe des Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit Druck gemacht werden. Bei einem Thema mit EU-Bezug gibt es die Möglichkeit, die Herausgabe des Schriftwechsels zwischen deutschen und EU-Behörden zu fordern. Auch für die EU gibt es einen entsprechenden Obmann, an den sich Journalist*innen mit Beschwerden über Auskunftsverweigerung wenden können. Das habe durchaus einen „Lerneffekt“ bei Behörden.
Tool time: Die Bühne ist bereitet
Soziale Netzwerke bieten eine weitere Möglichkeit für Journalist*innen mit den Leser*innen zu interagieren, so das zentrale Thema des Vortrags „Tool time: CrowdTangle, TweetDeck und Social Flow für Anfänger_innen“ von Denise Ludwig. In Deutschland liegt das jährliche Wachstum der sozialen Netzwerke mit 15 Prozent über dem durchschnittlichen Wachstum weltweit (13 Prozent). Und 66 Prozent der Deutschen sind per Smartphone ständig online und damit auch in sozialen Netzen aktiv. „Die Bühne ist bereitet, sie, die Journalist*innen müssen diese nur bespielen“, animierte Denise Ludwig die Zuhörer*innen. Inzwischen gibt es unzählige kostenpflichtige aber auch kostenlose Werkzeuge, um schnell Live-Videos, Infografiken oder andere Inhalte für Online-Leser*innen zu veröffentlichen. Hier lohnt es sich für alle Medienschaffenden, neue Formate einfach auszuprobieren.
Austausch über die Grenzen des eigenen Bauchladens
Von der Klagemauer zum produktiven Austausch: Wie gehen Vernetzung, Qualitätssicherung und Beratung von Kolleg*innen für Kolleg*innen? Diese Frage hat der freie Journalist Manfred Kloiber mit rund 30, meist jungen Kolleg*innen, diskutiert. Vor allem für freie Journalist*innen ist der Austausch über die Grenzen des eigenen „Bauchladens“ hinweg wichtig. Für Kloiber war vor allem die Gründung seines Journalistenbüros zusammen mit anderen Kolleg*innen der entscheidende Schritt zur Professionalisierung: Denn Bürogemeinschaften können sowohl den fachlichen als auch den sozialen Austausch herstellen und für gegenseitige Unterstützung im journalistischen Alltag sorgen. Auch virtuelle Arbeitsgemeinschaften von mehreren Journalist*innen können für fachlichen Austausch sorgen und dabei helfen, neue Abnehmer in Redaktionen zu finden. Wichtig für die Selbstorganisation hält der Rundfunk-Freie Kloiber auch das Abonnement einer der zahlreichen Mailinglisten bzw. Facebook-Gruppen für Freie eines Senders oder Betriebs. Oft böten solche Foren einen Haufen von nützlichen Informationen, vor allem zu sozialen, technischen und berufsständischen Aspekten. Dies setze aber voraus, dass es einen offenen und kollegialen Austausch von erfahrenen mit weniger erfahrenen Freien gibt. ver.di versuche, solche Kanäle des fachlichen Austauschs durch Knowhow zu unterstützen. So bringen zum Beispiel ehrenamtlich tätige Freienvertreter*innen und Tarifverhandler ihre Erfahrungen und Kenntnisse regelmäßig in solchen Foren ein. Auch spezielle Veranstaltungen für Selbstständige wie zum Beispiel die „Austauschbar“ in Nordrhein-Westfalen machen das Networking für Freie leichter.
Haltung zeigen und Position beziehen
Mit viel Applaus begrüßt wurden Andrea Röpke und Florian Manz zu ihrem Vortrag über „Haltung, Freiheit, Engagement – Was braucht Journalismus neben Handwerk?“. Röpke, die sich als Fachjournalistin für Rechtsextremismus begreift, berichtete von wichtigen Recherchen im Team, auch „undercover“, in den verschiedenen rechten Milieus: bei Alt- und Neonazis sowie „völkischen Siedlern“ und der „Heimattreuen Deutschen Jugend“, die schon ihre Kinder nationalistisch und rechtsextrem trimmen. Sie zeigte enge Verbindungen, auch der „Identitären Bewegung“, zum „Flügel“ von Björn Höcke und anderen in der AfD. Nur durch intensive Recherche und gründliche Archivarbeit seien diese Verbindungen zu belegen und ihren arbeitsteiligen, strategisch angelegten Drang nach mehr Einfluss auf Politik und Gesellschaft nachzuweisen. Medien sollten mehr Distanz zu AfD-Politikern halten und Behauptungen über Überfälle wie auf den Bremer AfD-Vorsitzenden nicht ungeprüft übernehmen. Entscheidend sei, Haltung zu zeigen und Position zu beziehen. „Wer über Seenotrettung berichtet, kann keine neutrale Haltung haben“ , sagte Röpke.
Wie hilflos, falsch oder gar nicht die Polizei häufig bei Angriffen auf Reporter*innen reagiere und zu wenig Kenntnisse vom Recht der Presseberichterstattung habe, belegte Florian Manz mit Filmaufnahmen. Statt Anzeigen gegen rechte Pöbler und Gewalttäter anzunehmen, betrachte die Polizei oft eher die Journalist*innen als Störer, die ihnen zusätzliche Arbeit machen.
Das griff Peter Freitag in seinem Schlusswort auf: Eine ver.di-Broschüre über Polizei und Presserechte sei in Vorbereitung, das Gespräch mit der DGB-Schwestergewerkschaft der Polizei (GdP) werde gesucht. Zum Thema Ausbildung schlug Freitag am Ende noch mal den Bogen mit dem Plädoyer: Gute journalistische Ausbildung bringe leider wenig, wenn junge Leute dann aus Frust über Arbeitsbedingungen und miese Bezahlung in die Öffentlichkeitsarbeit abwanderten.
Graphic Recording von Franziska Ruflair
Es war beeindruckend Franziska Ruflair zu beobachten, wie sie den 32. ver.di-Journalistentag auf einer weißen Wand mitzeichnete. Graphic Recording heißt diese visuelle Art der Protokollführung, bei der „in Bild und Schrift Kernbotschaften, O-Töne und Inhalte live vor Augen der Teilnehmer festgehalten werden. Der Graphic Recorder nimmt dabei eine vierfache Funktion ein: Er hört zu, filtert, zeichnet und schreibt. Das Ergebnis ist nicht nur ästhetisch, sondern auch funktional. So werden auch komplexe Inhalte einfach, verständlich und schnell erklärt und festgehalten“, beschreibt sie die Arbeit auf ihrer Website. Entstanden ist ein wunderbares so noch nie dagewesenes Protokoll des Journalistentages 2019! (Fotos: Jan-Timo Schaube)