Fiktives Finanzamt mit echten Namen

Datenschutzrichtlinie missachtet – rufschädigende Glosse

Eine neue Fernsehserie mit dem Titel „Finanzamt Mitte – Helden im Amt“ war Anlass für die Glosse einer Tageszeitung mit der Überschrift „Finanzmilljöh“. Für diesen Artikel wurden der Internetseite eines Berliner Finanzamtes die Namen von drei dort tätigen Personen sowie deren dienstliche Telefonnummern entnommen und in dem Artikel verwendet.

Hierdurch suggerierte die Zeitung, dass es sich bei dem Finanzamt der Fernsehserie um genau dieses Finanzamt handelte. Mit Beschreibungen wie „Hier lässt man gerne mal fünf gerade sein, wenn die Arbeit den Fiskus gerade massiv stört“ oder „Alle arbeiten für ein Ziel – mehr Steuern für den Fiskus – aber alle stehen sich auch irgendwie im Wege“ wird vermeintlich die Arbeit des besagten Finanzamtes in dem Artikel beschrieben.

Nach Ansicht eines Mitarbeiters des Finanzamtes, der sich beim Presserat beschwerte, sei es auch in einer satirischen Glosse nicht zulässig, Namen realer Personen zu nennen. Der Artikel sei in einer Weise verfasst, der rufschädigend sei und die Berufsehre der Finanzbeamten sowie deren Persönlichkeitsrechte öffentlich verletze.

Aufrichtiges Bedauern und Schadensbegrenzung

Die Zeitung entgegnet, die Namen seien ohnehin für jedermann auf der Internetseite der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen frei zugänglich gewesen, zudem habe man sich um Schadensbegrenzung bemüht. So habe man aufrichtiges Bedauern ausgedrückt und vorsorglich eine Klarstellung für den Tag der Erstausstrahlung der Fernsehserie angekündigt. In einem umfangreichen Beitrag sei dann auch ausdrücklich hervorgehoben worden, dass die in der neuen Serie dargestellten fiktiven Geschehnisse nichts mit dem tatsächlich existierenden Finanzamt zu tun haben.

Der Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz erklärt die Beschwerde jedoch für begründet und spricht eine Missbilligung aus, da er der Auffassung ist, dass die Zeitung durch diesen Umgang mit personenbezogenen Daten gegen Ziffer 8* des Pressekodex verstoßen hat. Insbesondere sei der redaktionelle Datenschutz nicht gewährleistet und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht beachtet worden.

Durch die willkürliche Übernahme der Daten der Beamten aus der öffentlich zugänglichen Internetseite des Finanzamtes, hat die Redaktion unbeteiligten Personen ohne deren Einwilligung eine bestimmte Rolle in dem Artikel zugewiesen.

Keine Sonderregeln

Personenbezogene Daten sind nicht schon deshalb für die publizistische Verwertung frei, weil ihre Quelle allgemein zugänglich ist. Der redaktionelle Datenschutz soll betroffene Personen vor presseethisch nicht vertretbarem Umgang mit ihren persönlichen Daten schützen. Die Veröffentlichung der Daten der Beamten auf der Internetseite des Finanzamtes dient dem Zweck, über die Mitarbeiter des Finanzamtes sowie über deren Erreichbarkeit zu informieren. Für diesen Zweck haben die Beamten ihr Einverständnis erklärt. Die redaktionelle Verwendung dieser Daten ist ohne weitere, aus öffentlichem Interesse hergeleitete, publizistische Begründung nicht zulässig. Für satirische Texte gelten hier keine Sonderregeln.

Echte Namen gestrichen

Der Beschwerdeausschuss hat die Zeitung gebeten, in entsprechender Anwendung von Ziffer 3 Richtlinie 2 des Pressekodex alle notwendigen technischen und organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, um eine Wiederholung der Regelverletzung auch durch Dritte zu vermeiden. Dies gilt insbesondere auch für die elektronische Archivierung und Weiterverbreitung des monierten Beitrages.

Die Zeitung streicht im Anschluss an die Missbilligung die echten Namen der Betroffenen aus dem Bericht und archiviert diesen nun in dieser Fassung ohne Namensnennung.

 

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