Es war ein historisch einmaliges Vorgehen der Sicherheitsbehörden beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg: Zunächst tauchte eine Liste mit 32 Namen von Journalist*innen an der Sicherheitskontrolle des Pressezentrums auf, dann wurde allen Medienschaffenden, deren Name auf der Liste stand, vom Bundespresseamt die erteilte Akkreditierung entzogen. Es gab keine Erklärung, keine Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Nun hat das Berliner Verwaltungsgericht ein erstes Urteil zum Entzug der Akkreditierung von zwei Fotografen gefällt.
Demnach hat das Bundespresseamt die Akkreditierung unrechtmäßig entzogen. Für einen solchen Verwaltungsakt hätten die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen. Es habe keine „nachträglichen Tatsachen in Bezug auf die Kläger“ gegeben, die das Bundespresseamt legitimiert hätten, einen so gravierenden Eingriff in die Pressefreiheit vorzunehmen. Auch dass ein Widerruf “zur Verhütung oder Beseitigung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl” hätte erfolgen dürfen, lasse sich nicht feststellen. Davon abgesehen sei die Widerrufsentscheidung auch nicht frei von Ermessensfehlern ergangen, insbesondere sei eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Einzelfall unterblieben, urteilten die Richter. Die Vertreter der Bundesregierung und des Bundeskriminalamts hatten zuvor in der Verhandlung “Zeitdruck und die Unmöglichkeit, Sicherheitsbedenken zu überprüfen” angegeben, die ihnen angesichts schwerer Ausschreitungen keine andere Möglichkeit gelassen hätten als sich für eine Null-Risiko-Strategie zu entscheiden.
Als „wichtigen Erfolg für die Pressefreiheit“ begrüßt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) das Urteil: „In der Verhandlung ist ganz deutlich geworden: Für diesen beispiellos schwerwiegenden Eingriff in die Pressefreiheit gab es keine gesetzliche Grundlage“, erklärte die Bundesgeschäftsführerin der deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, Cornelia Berger.
Die dju in ver.di hatte für acht ihrer Mitglieder nach dem #G20-Gipfel im August 2017 eine Fortsetzungsfeststellungsklage angestrengt, über die erste davon sowie über die Klage eines weiteren Fotografen, der durch einen Anwalt seines Arbeitsgebers vertreten wurde, gab es heute eine Entscheidung: „Die Bundesregierung hat auch vor dem Verwaltungsgericht keine Tatsachen ins Feld führen können, die einen so drastischen Schritt gerechtfertigt hätten. Vielmehr ist erneut deutlich geworden, dass Bundeskriminalamt und Bundespresseamt sich auf Angaben und angebliche Erkenntnisse des Verfassungsschutzes berufen haben, die mehr als fragwürdig waren“, sagte Berger. Die Frage, wieso immer wieder Journalistinnen und Journalisten in Datenbanken der Sicherheitsbehörden als Sicherheitsrisiko eingestuft würden, obwohl sie nur ihrer grundgesetzlich geschützten journalistischen Arbeit nachgingen, sei eine Frage, die es trotz des positiven Urteils weiter zu stellen gelte: „Personenbezogene Daten von Medienschaffenden landen immer wieder in Datenbanken der Sicherheitsbehörden, wo sie nicht hingehören. Trotzdem kommt man schnell in eine Schublade rein, aber nicht wieder raus. Diesem Skandal werden wir für unsere Mitglieder weiter auf der Spur bleiben“, kündigte Berger an.