Der Journalismus heute brauche geradezu forensische Qualitäten. Damit könnten Falschinformationen und Deep Fakes entlarvt und die Glaubwürdigkeit als Leitwährung des Journalismus gestärkt werden. So lautete ein Fazit in der Diskussion „KI im Journalismus“ am 9. Januar innerhalb der Reihe „Journalismus im Dialog“. Problematisch seien vor allem Ereignisse, bei denen Journalist*innen nicht selbst vor Ort seien und nachprüfen könnten. Außerdem müssten sich die Redaktionen einer Vervielfachung des Materials stellen.
Bei den forensischen Qualitäten in den Redaktionen müsse dringend „nachgerüstet“ werden, konstatierte Dr. Margreth Lünenborg, Professorin für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Journalistik an der Freien Universität Berlin. Sie erinnerte daran, dass mit jedem Medium auch Strategien der Fälschung entwickelt wurden. Als Beispiel führt sie die Fotografie an. Und auch ihr Gesprächspartner Lorenz Matzat, Journalist und Mitgründer von AlgorithmWatch, verwies darauf, wie einfach heute gefälscht werden könnte – etwa mit dem Austausch von Gesichtern oder sogar veränderten Aussagen in Echtzeit. Dabei kämen die Fälschungen authentisch rüber. Theoretisch müssten Nutzer*innen immer misstrauisch sein, gerade bei politischen Themen im Internet. Auf der anderen Seite fordere dies von Journalist*innen immer mehr Aufwand, um Angaben zu verifizieren. Hier sei handwerkliches Können und eben der Journalist oder die Journalistin als solche gefragt. Auch Lünenborg hält hier technische Kompetenzen für dringend erforderlich.
Sie verwies auf die heutigen Kriege, in denen viele Menschen mit der Handykamera unterwegs seien. Nicht immer gehe es nur um berichtenswerte Vorfälle, sondern oft um Botschaften für propagandistische Zwecke.
Matzat sieht eine Vielzahl neuer medialer Akteure, zumal sich heute jeder Journalist nennen könne. YouTube, Instagram und TikTok seien „voll davon“. Niemand beobachte die Masse an Inhalten ausreichend. Doch auch hier könnte wieder die KI helfen, der Prozess automatisiert werden.
Matzat plädierte für eine gesellschaftliche Debatte. Dafür würden allerdings Fachkräfte gebraucht. Es müsse verhindert werden, dass diese für ein Vielfaches des Gehalts von den großen Tech-Unternehmen abgeworben würden. Denn der Journalismus sei der Ort für diese Debatte.
Guter Journalismus könne heute kostengünstig einer breiten Masse zur Verfügung gestellt werden, gab sich der Journalist überzeugt. In dieser gesellschaftlichen Debatte müsste der öffentlich-rechtliche Rundfunk aktiver werden. Matzat sprach sich für eine Schärfung seiner Aufgabenstellung aus. Gleichzeitig sollten KI und Medienkompetenz Schulfach sein – wie aus seiner Sicht auch die Klimakrise. Die Nutzer*innen müssten verstehen, wie das Internet funktioniert.
Die Reihe ist eine Kooperation des Center for Media and Information Literacy (CeMIL) des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin, der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) und Alex Berlin.