„Behind the Scenes: Die bewusste Inszenierung der Medien“, hieß das Motto der Jugendmedientage in München. Bereits zum 16. Mal veranstaltete die Jugendpresse Deutschland ihr jährliches Highlight. Beherrschende Themen vieler Diskussionen waren Fake News und Hate Speech.
In diesem Jahr gab es – abgesehen von den Medientouren in Studios der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender sowie in Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen im Raum München – nur einen Veranstaltungsort: Die Berufsoberschule für Wirtschaft und Verwaltung, die bereits einen Preis beim bundesweiten Wettbewerb der Schülerzeitungen abgeräumt hat. Gezählt wurden rund 250 Teilnehmer_innen, etwa 80 Teamer_innen der Jugendpresse und 50 Referent_innen. Auffallend viele Teilnehmer_innen waren zum ersten Mal bei den Jugendmedientagen dabei, wie Moderator Bernd Fiedler gleich zum Auftakt herausfand.
„I am much cooler online“ war der erste Abend überschrieben. Christopher Piltz, der für Neon und Geo schreibt, berichtete von seinem Versuch, ein „Influencer“ auf Instagram zu werden. Dabei hat er alle Register gezogen, Follower gekauft, Bots genutzt, und stellte fest, dass er in einer Scheinrealität lebt. „Wir vergessen, was relevant ist“, meinte er im Rückblick auf sein Experiment. „Bevor wir unser Schaufenster schmücken, müssen wir erst mal etwas haben, das wir da sinnvoll reinstellen können.“ Er forderte die jungen Leute auf, nicht auf allen Verbreitungskanälen umher zu hüpfen, sondern sich zu spezialisieren, nicht einen journalistischen „Gemischtwarenladen“ aufzumachen, sondern sich auf bestimmte Inhalte und Darstellungsformen zu konzentrieren.
Tom Tastisch, der auf YouTube jeden Tag „Positive Morning Snippets“ präsentiert, meinte, die heutige junge Generation habe gar keine andere Wahl, als ihre Online-Präsenz selbst zu gestalten, wollten sie es nicht anderen überlassen, ihr Bild zu prägen. Er meinte aber auch „Mein digitales Ich bin nicht ich, es ist nur ein Teil von mir.“ Dabei fänden viele Follower die Leute besonders authentisch, die ihren Rollenerwartungen entsprächen.
Um Gehalt und Honorar, Crowdfunding für journalistische Projekte oder die Berufsaussichten im Journalismus ging es in etlichen Erzählcafés. Diskutiert wurde darüber, wie man in der „Shitstormzone“ gegen Hass im Netz kämpft, über andere Medien berichtet oder welche Bilder veröffentlicht werden oder eben nicht. Interessant aber auch die Auslands- und Krisenberichterstattung oder das „crossmediale Heimatfieber bei der Augsburger Allgemeinen“ und nur scheinbar abwegig: der eigene Hundeblog.
Im „Generationendialog“, moderiert von Tina Groll, zeigte sich, dass sich die Erwartungen an die Aufgabe des Journalisten in den vergangenen Jahrzehnten nicht verändert haben, ob nun Gerhard Kromschröder bis zu seinen Berufsanfängen in den 1960er Jahren zurückging oder die Abiturientin aus ihrem Praktikum berichtete. Journalist_innen sollten die Welt erklären, gute Geschichten berichten, mit Gesprächspartnern sensibel umgehen und vor allem eine ethische Grundhaltung haben. „Der Konflikt zwischen den Generationen wird im Journalismus doch eher herbeigeredet“, sagte Kromschröder. Es überwögen die Gemeinsamkeiten.
„Fake News“, also gezielt manipulierte angebliche Nachrichten beziehungsweise die unrichtige Tatsachenbehauptung, und Hate Speech, die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, standen im Mittelpunkt des Gesprächs um die „Rolle des Internets im Populismus“. Nhi Le aus Leipzig und Tarik Tesfu, beide bekannt als „Jäger und Sammler“, bei „funk“, dem jungen Angebot von ARD und ZDF, konnten dabei aus eigener Shitstorm-Erfahrung berichten. Tesfu: „Es ist egal, was ich sage, mein Gesicht reicht schon für Hasskommentare.“ Das sei allerdings kein Phänomen nur des Internets: „Das Netz ist nicht böser als die Gesellschaft, sondern ein Spiegelbild.“ Er habe allerdings auch manchmal für seine Beiträge auf YouTube mehr Dislikes als Aufrufe erhalten, da seien dann Bots oder Communities am Werk, ist Tesfu überzeugt.
Auch Moderator Simon Hurtz von der Süddeutschen Zeitung bezeichnete nicht die Anonymität im Netz als das eigentliche Problem. Nhi Le bestätigte diese Einschätzung, denn beleidigende Zuschriften hätten oft Klarnamen und weitere Angaben zur Person des Absenders enthalten. Viele glaubten, das Netz sei ein rechtsfreier Raum, sagte die Wirtschaft- und Politikjournalistin Sabina Wolf, doch das stimme nicht. Es werde nur nicht sanktioniert, was ansonsten unter zahlreiche Gesetzesparagraphen wie etwa Beleidigung, üble Nachrede oder ähnliches falle. Die Aufforderung an Konzerne wie Google oder Facebook, Beleidigendes zu löschen, hielt sie für ein „Staatsversagen“. Man dürfe es nicht Unternehmen überlassen, über die Meinungsfreiheit zu wachen.