Kritik an Regeln für Medienschaffende in der Ukraine

Journalisten in Wassilkiw in der Region Kiew nach einem Raketenangriff russischer Invasoren am 1. März 2022. Das Gebäude des Wassilkiw-Berufskollegs wurde nahezu zerstört. Foto: ukrinform/imago

Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisiert, dass die Ukraine seit Ende März Journalisten untersagt, in Gebiete an der Front zu reisen. Insgesamt 52 Städte und Dörfer, darunter Makijiwka, Bohdaniwka bei Kiew und das umkämpfte Bachmut lägen in einer roten Zone, welche Journalistinnen und Journalisten nicht mehr betreten dürfen, heißt es bei RSF. Darüber habe das Operative Kommando Ost, eines von vier regionalen Streitkräftekommandos der ukrainischen Armee, am 19. März informiert.

Christian Mihr, der RSF-Geschäftsführer, kritisierte, die neuen Regeln machten die Berichterstattung von der Front praktisch unmöglich. Die ukrainische Regierung müsse gewährleisten, dass Journalistinnen und Journalisten weiterhin aus erster Hand über den russischen Krieg gegen die Ukraine berichten könnten.

Laut Mihr müssen die vier militärischen Regionalkommandos nach einer geänderten Vorschrift für Berichterstatter*innen im Kriegsgebiet das Frontgebiet und die Grenzregionen in ihrer Zuständigkeit in eine rote, gelbe und grüne Zone einteilen. In der gelben Zone sei die Berichterstattung nur in Begleitung eines Presse-Offiziers oder einer anderen vom Militär zugeteilten Begleitung erlaubt. In der grünen Zone darf ohne Einschränkungen journalistisch gearbeitet werden.

Die Sprecherin des Militärkommandos Süd, Natalija Humenjuk, sagte nach RSF-Angaben, die neuen Regeln zielten nicht auf die Behinderung journalistischer Arbeit. Vielmehr solle die journalistische Tätigkeit unter Berücksichtigung der Situation und der Bedürfnisse der Armee organisiert werden. In Ausnahmesituationen sei das Betreten der roten Zone weiterhin möglich: Medienschaffende könnten in „Fällen, die eine sofortige Berichterstattung erfordern“, Zugang beantragen. Die Anträge würden umgehend geprüft.

Zusätzlich führte das Militär laut RSF neue Pressekarten für Medienschaffende im Kampfgebiet ein. Die neuen Akkreditierungen gelten demnach nur noch sechs Monate. Medienschaffenden, die gegen die neuen Regeln verstoßen, droht der Entzug der Akkreditierung oder deren vorübergehende Aussetzung

Ukrainische Medienschaffende kritisieren die neuen Regeln scharf. Das Zonen-Modell mache die Berichterstattung von der Front faktisch unmöglich, sagte Oksana Romanjuk, Vorsitzende des Institute of Mass Information (IMI). Zudem sei die Einteilung der Zonen logisch nicht nachvollziehbar. So seien Städte unter russischem Beschuss grünen Zonen zugeteilt worden, während weitgehend ruhige Ortschaften sich in einer roten Zone befänden.

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Digitalabgabe könnte Schieflage ausgleichen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die vom Staatsminister Wolfram Weimer geäußerten Pläne für eine Digitalabgabe, die Big-Tech-Unternehmen mit digitalen Plattformdiensten in Deutschland zu entrichten hätten. Wie unter anderem der Spiegel berichtet, überlegt die Bundesregierung, eine Digitalabgabe einzuführen. Diese könnte Unternehmen wie Google und Meta dazu verpflichten, einen festen Prozentsatz ihrer Werbeeinnahmen abzuführen.
mehr »

Gleichstellungsbeauftragte im ÖRR stärken

Das Bekenntnis zur Gleichstellung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zeigt sich unter anderem im Vorhandensein von Gleichstellungsbeauftragten. Grundlage ist die jeweils entsprechende gesetzliche Regelung der Bundesländer, in denen die Sender angesiedelt sind. Gleichstellungsbeauftragte sollen nach dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG), die Beschäftigten vor Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechtes zu schützen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen.
mehr »

Safer reporting: Schutzkodex auf der re:publica

Das gesellschaftliche Klima ist eines der ganz großen Themen auf der diesjährigen Digitalmesse re:publica in Berlin. Auch Journalist*innen sind zunehmend Hass und Bedrohungen ausgesetzt – bei der Recherche, auf Demos oder in sozialen Medien. Das gefährdet nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Pressefreiheit insgesamt.  Dagegen hilft der Schutzkodex.
mehr »

Die ganz große Verweigerung

Der  öffentlich-rechtliche Rundfunk war schon immer Hassobjekt der Rechten. Auf politischer Ebene wollen sie ihn abschaffen, am Stammtisch wird gegen ARD und ZDF gehetzt. In Sozialen Medien oder in Chatgruppen geht es richtig zur Sache. Dort treffen sich sogenannte Rundfunkverweigerer. Ralf Hohlfeld und Vivian Stamer beschäftigen sich an der Uni Passau mit den Bereichen Journalistik und Strategische Kommunikation. Für ihre Studie haben sich die beiden auf die Suche nach sogenannten Rundfunkverweigerern gemacht.
mehr »