Medien und Recht: Was sind Texte, Fotos und Videos eigentlich wert?

Portrait von Jasper Prigge

Jasper Prigge, Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht in Düsseldorf Foto: Kay Herschelmann

Meinung

Welche Vergütung für ein Werk ist angemessen und wie hoch ist sie, wenn das Urheberrecht verletzt wurde? Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) soll das Einkommen von Kreativen sichern, indem es verhindert, dass Werke wie Texte, Fotos oder Videos ohne Erlaubnis verwendet werden. Denn bei geistigen Leistungen ist die Gefahr groß, dass sich andere einfach an ihnen bedienen und die Ur-heber*innen leer ausgehen. Aber selbst wenn eine Erlaubnis erteilt wurde, ein Werk zu nutzen, muss die Vergütung „angemessen“ sein. Ist dies nicht der Fall, können Urheber*innen verlangen, dass der Vertrag dahingehend geändert wird, dass sie eine angemessene Vergütung erhalten, selbst wenn im Vertrag etwas anderes vereinbart wurde.

Die Frage ist nur: Das Gesetz nennt hier eine Rangfolge. Immer angemessen sind gemeinsame Vergütungsregeln, wie es sie beispielsweise für freie hauptberufliche Journalist*innen gibt, die für Tageszeitungen arbeiten. Sie werden von den Gewerkschaften ausgehandelt und sind ein guter Grund, sich auch dann gewerkschaftlich zu organisieren, wenn man nicht fest in einer Redaktion angestellt ist.

Gibt es keine gemeinsame Vergütungsregel, kommt es darauf an, „was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, […] üblicher- und redlicherweise zu leisten ist“ (§ 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG). Es ist dann zu ermitteln, worauf sich vernünftige Vertragspartner geeinigt hätten. Dazu bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls, unter anderem Dauer, Häufigkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Nutzung. Gegenüber einer einmaligen rechtfertigt eine langjährige oder wiederholte Verwendung somit eine höhere Vergütung.

Gibt es eine Vergütung, die in der jeweiligen Branche üblicherweise gezahlt wird, ist dies zwar nicht verbindlich, kann aber als Ausgangspunkt für die Vergütung im Einzelfall dienen. An dieser Stelle können beispielsweise die Bildhonorare der Mittelstands-gemeinschaft Foto-Marketing (MFM) herangezogen werden. Sie zählen zwar nicht zu den gemeinsamen Vergütungsregeln, weil sie von den Urheber*innen einseitig vorgelegt werden. Dennoch bieten sie eine Orientierung, eine Vergütung nach den MFM-Empfehlungen ist in vielen Fällen insoweit auch angemessen.

Vergütung muss angemessen sein

Die Gerichte schauen bei der Ermittlung einer angemessenen Vergütung aber auch darauf, welche Preise von Urheber*innen selbst durchgesetzt werden. Wer also als Fotograf wegen Urheberrechtsverletzung eine Vergütung verlangt, kann sich nicht darauf verlassen, dass er am Ende auch die Sätze der MFM erhält. Vor allem, wenn er seine Leistungen sonst zu deutlich günstigeren Konditionen am Markt anbietet, z.B. in Stockfoto-Archiven, muss er gegebenenfalls Abschläge hinnehmen. Kann dauerhafte Nutzung für weniger als hundert Euro bei einer Agentur lizenziert werden, würden sich vernünftige Nutzer*innen wohl kaum darauf einlassen, wenn nach den MFM-Empfehlungen nach einigen Jahren mehrere Tausend Euro fällig werden.

Die „angemessene Vergütung“ ist also nicht schematisch zu berechnen, sondern immer auch abhängig von der Person der Urheberin oder dem Urheber. Wer gute Preise am Markt durchsetzen und entsprechende Rechnungen vorlegen kann, wird bei einer Urheberrechtsverletzung auch eine entsprechende Lizenz-gebühr verlangen können.-

Übrigens: Auch wenn nach dem Urheberrechtsgesetz verpflichtend eine angemessene Vergütung zu zahlen ist, können Urheber*innen ihre Werke auch kostenfrei lizenzieren, etwa für gemeinnützige Organisationen oder im Sinne von Creative Commons. Gesetzlich ist dies aber nur in Bezug auf einfache Nutzungsrechte möglich. Ansonsten gilt der Grundsatz: Exklusivrechte nur gegen Vergütung.

 

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Anteil von Frauen in Führung sinkt

Nach Jahren positiver Entwicklung sinkt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus das zweite Jahr in Folge. Der Verein Pro Quote hat eine neue Studie erstellt. Besonders abgeschlagen sind demnach Regionalzeitungen und Onlinemedien, mit Anteilen von knapp 20 Prozent und darunter. Aber auch im öffentlichen Rundfunk sind zum Teil unter ein Drittel des Spitzenpersonals weiblich.
mehr »

dju fordert Schutz für Medienschaffende

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert nach dem erschreckend milden Urteil im Verfahren zum Angriff auf Journalist*innen in Dresden-Laubegast staatlich garantierten Schutz für Medienschaffende. Über zehn Männer hatten im Februar 2022 in Dresden-Laubegast am Rande einer Demonstration im verschwörungsideologischen Milieu sechs Journalist*innen und ihren Begleitschutz angegriffen.
mehr »

Unsicherheit in der Medienlandschaft

Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Auswirkungen auf die Medienbranche wurden auch bei des diesjährigen Münchner Medientagen intensiv diskutiert. Besonders groß sind die Herausforderungen für Online-Redaktionen. Im Zentrum der Veranstaltung  mit 5000 Besucher*innen, mehr als 350 Referent*innen aus Medienwirtschaft und -politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, stand allerdings die Frage, wie Tech-Konzerne reguliert werden sollten.
mehr »

Für faire Arbeit bei Filmfestivals

„Wir müssen uns noch besser vernetzen und voneinander lernen!“, war die einhellige Meinung bei der Veranstaltung der ver.di-AG Festivalarbeit im Rahmen des  Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm. Die AG hatte zu einer Diskussionsrunde mit dem Titel Labour Conditions for Festival Workers: Roundtable & Fair Festival Award Launch eingeladen. Zu Gast waren internationale Teilnehmer*innen. Die Veranstaltung war auch der Startschuss zur ersten Umfragerunde des 4. Fair Festival Awards.
mehr »