Sportnetzwerk

Eine Initiative für kritischen, seriösen Sportjournalismus

Als unlängst die Stiftung Warentest ihren Report über Sicherheitsmängel in vier WM-Stadien vorstellte, hagelte es in vielen Medien deftige Kritik. Nicht an den verantwortlichen Vereinen oder am DFB. Gescholten wurde der Überbringer der schlechten Nachricht. Von „Panikmache“ war da die Regel. Wie so oft schoss Bild den Vogel ab: „Macht nicht unsere WM kaputt!“

Für Jens Weinreich, Sportchef der Berliner Zeitung, geht diese Art der Berichterstattung quer durch alle Mediengattungen. „Die Sitten verlottern im Sportjournalismus“, findet er. Sport im Fernsehen sieht er nicht als Journalismus: Für ihn ist das „PR, reines Marketing“.
Weinreich ist Initiator des „Sportnetzwerks“, eines informellen Zusammenschlusses kritischer Sportjournalisten. Zwei Dutzend von ihnen verließen Mitte Januar demonstrativ ihre Berufsvereinigung, den „Verband Deutscher Sportjournalisten“. Der VDS, so die Kritik, nehme das Abdriften des Sportjournalismus in reine Unterhaltung anstandslos hin, tue nichts gegen den Rückgang kritischer, distanzierter Berichterstattung. Tatsächlich pflegt der Traditionsverband ein eher kumpelhaftes Verhältnis zu Vereinen und Institutionen. So appelliert er etwa in der Januar-Ausgabe des Mitgliedermagazins Sportjournalist an die Kollegen, die WM-Organisatoren mit Respekt zu behandeln, um „störungsfreie Spiele“ zu ermöglichen. Dass angesichts teurer Sportrechte auf Veranstalter und Sponsoren Rücksicht genommen werden müsse, lässt Kritiker Weinreich nicht gelten. „Das klingt alles nach Entschuldigung“, findet er. Konsequenterweise müssten sich diese Kollegen dann dem Publikum als Promoter oder Marketingleute präsentieren. „Die behaupten aber alle, sie seien Journalisten.“

Qualitätsprogramme verschwunden

Gegen einige Sportführungskräfte der ARD ermittelt inzwischen sogar die Justiz wegen des Verdachts der Korruption. Den ehemaligen Sportchefs des Hessischen und des Mitteldeutschen Rundfunks, Jürgen Emig und Wilfried Mohren, wird vorgeworfen, gegen Geldzahlungen Randsportarten ins Programm gehievt zu haben. Und ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf wurde von seiner Vergangenheit eingeholt
Seriöser, recherchierender Sportjournalismus, so die Klage der Kritiker, sei weit­gehend von der Mattscheibe verbannt. Längst verschwunden sind einstige Qualitätsprogramme wie der ZDF-„Sportspiegel“ oder auch die ARD-Sendung „Sport unter der Lupe“. Programmchefs argumentieren gern, Themen wie Korruption oder Doping im Sport seien beim Publikum unbeliebt, mithin Programmblocker. Erwünscht sei vielmehr die Live-Berichterstattung über große Sport-Events.
Weinreich verweist auf andersartige Erfahrungen aus dem Ausland. Etwa auf eine kritische Dokumentation über die FIFA, die unlängst vom dänischen und schwedischen Fernsehen produziert worden sei. Diese Doku sei in 18 Ländern gelaufen, zumeist in den Hauptprogrammen. In Deutschland sei das Interesse eher mäßig gewesen, dort habe man den Film in die Spartenkanäle ARTE und 3sat abgeschoben.
350 Rückmeldungen hat Weinreich bis Ende Januar auf seinen Internet-Aufruf bekommen, beileibe nicht nur von Sportjournalisten. Auch Wissenschaftler und sportinteressierte Laien, „Fans mit Intelligenz“ melden sich. Als nächste Projekte plant Sportnetzwerk die Erstellung einer Liste vernachlässigter Sportthemen. Für Herbst ist eine internationale Doping-Konferenz in Vorbereitung.
Kontakt: www.sportnetzwerk.org

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