Talentschmiede

Dokumentarfilme von Frauen produziert als Mutmacher

Das Internationale Frauenfilmfestival (IFFF), das Ende April in Dortmund und Köln rund 8.000 Besucherinnen und Besucher anzog, versteht sich als Inspiration für 68er-Feministinnen und junge Frauen. Die Organisatorinnen üben den Spagat: zwischen Publikumsmagnet mit populären Filmen und politischem Anspruch. Gefördert werden sollen Netzwerke der weiblichen Filmschaffenden.

Das Festival war auch in diesem Jahr wieder beides: Chance für internationale Filmemacherinnen, ihre Filme öffentlich zu präsentieren, sowie Talentschmiede. Der Weiterbildungsbereich zu den Themen Pitch, Finanzierung, Bildgestaltung und Drehbuch/Regie ist bitter notwendig. Gerade im Bereich der Produktion und Spielfilmregie seien Frauen unterrepräsentiert und nur zu fünf Prozent vertreten, sagte die Produzentin Anita Elsani gegenüber M. „Wenn ich mit Co-Produzenten oder Sendeverantwortlichen beim Fernsehen verhandele, sitzen mir gegenüber meistens nur Männer.“ Damit das nicht so bleibt, hat sich das Festival zur Aufgabe gemacht, Aufmerksamkeit für aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme zu wecken und an historische Frauenfilme zu erinnern. Ob neu oder alt: Viele machen Mut auf politische Gegenwehr in den härter werdenden Zeiten einer sich ankündigenden Wirtschaftskrise. Beispielsweise „Harlan County“ (USA, 1976): Der Dokumentarfilm der US-Regisseurin Barbara Kopples zeigt den Aufstand der Grubenarbeiter und ihrer mutigen Frauen, die im Städtchen Brookside unter vollem Einsatz um angemessene Sicherheitsbedingungen und mehr Lohn kämpften. „Dokumentarfilm weckt die Lust auf Revolution“, titelte die WAZ. Interessant ist jene Szene, die dokumentiert: Gerade in Zeiten sozialen Aufruhrs wird von Journalistinnen Rückgrat erwartet, ihre Pressefreiheit zu verteidigen. Die Filmemacherin wird von der Polizei immer wieder bei ihrer Arbeit gestört, ständig wird der Presseausweis verlangt. Kopple kontert unmissverständlich: „Kann ich ihren Ausweis sehen? Nein? Dann zeige ich ihnen meinen auch nicht.“
Der zunehmende Überwachungsstaat, ebenfalls ein wichtiges gesellschaftsrelevantes Thema beim IFFF. „Politische Stellungnahme ist nicht unser erstes Interesse, wir sind der Filmkunst verpflichtet. Aber wir haben uns immer auch als politisches Festival begriffen“, sagte die Festivalleiterin Silke Räbiger. Beispielhaft dafür ist der britische Filmbeitrag Manu Lukschs „Faceless“ (Gesichtslos). Sie dokumentiert London als Stadt mit der größten Dichte an Überwachungskameras und hat absichtsvoll eine Person durch die Stadt geschickt. Die Aufnahmen konnte diese später anfordern und zum Film zusammensetzen – in Großbritannien gibt es ein Recht am persönlichen Bild. Die Oskar-Preisträgerin Hilda Swinton setzt im Film ihre unter die Haut gehende Erzählstimme ein. Geschildert wird eine Geschichte, die dezidierte Kritik am Überwachungsstaat übt: Überall gibt es Kameras, nirgendwo ist man mehr unbeobachtet. Jede Bewegung kann festgehalten werden: in der britischen Metropole nahezu lückenlos.
 

Preise

Internationaler Spielfilmpreis für Regisseurinnen (25.000 €): Maren Ade für „Alle Anderen“. Der Dortmunder Nachwuchspreis für Bildgestalterinnen – Sparte Spielfilm (5.000 €): Susanne Kurz für den Kurzspielfilm „1, 2, 3“ und Marlen Schlawin für den Kurzspielfilm „Badetag“; Sparte Dokumentarfilm (2.500 €): Anne Misselwitz für „Der Die Das“; lobende Erwähnung für Julia Daschner für „Auf der Walz“. Publikumspreis (1.000 €): „Himalaya, a Path to the Sky“ von Marianne Chaud (Editorin: Françoise Berger Garnault).

Weitere aktuelle Beiträge

Hartes Brot: Freie im Journalismus

Freie Journalist*innen oder Redakteur*innen haben es häufig nicht leicht: Sie werden oft schlecht bezahlt, nicht auf Augenhöhe behandelt, Mails und Anrufe werden zuweilen ignoriert, sie warten auf Rückmeldungen zu Themenangeboten, Redaktionen sind in manchen Fällen für sie nicht zu erreichen. So geht es vielen Freien, egal, welches Medium.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »

Medienkompetenz: Von Finnland lernen

Finnland ist besonders gut darin, seine Bevölkerung gegen Desinformation und Fake News zu wappnen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schulen, aber die Strategie des Landes geht weit über den Unterricht hinaus. Denn Medienbildung ist in Finnland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf vielen Ebenen in den Alltag integriert ist und alle Altersgruppen anspricht. Politiker*innen in Deutschland fordern, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Kann das gelingen?
mehr »

Beim Tatort selbst ermitteln

Ein Zocker sei er nicht. So sagte es Kai Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks (SWR), als er im August vorigen Jahres auf der Gamescom in Köln zu Gast war. Am ARD-Stand hat sich der damalige Vorsitzende des Senderverbunds dennoch zum Zocken eingefunden, zu sehen auch im Stream auf der Gaming-Plattform Twitch. Erstmals hatte die ARD einen eigenen Auftritt auf der weltweit größten Messe für Computer- und Videospiele – ein deutliches Signal, dass die ARD auch auf Games setzt. Und das hat maßgeblich mit dem SWR zu tun.
mehr »