Wieder Angriffe auf die Pressefreiheit

Reichsflaggen und russische Flaggen dominieren das Bild bei dem Corona-Protest vor der russischen Botschaft am 29.08.2020 in Berlin
Bild: ddp images/xcitepress

Bei den Anti-Corona-Demos am Wochenende in Berlin verzeichnete die dju in ver.di Berlin-Brandenburg erneut zahlreiche Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten. Auch zwei Behinderungen der Pressearbeit durch die Berliner Polizei und die Bundespolizei habe dju-Landesgeschäftsführer Jörg Reichel festgestellt, der selbst vor Ort war, um bedrohten Medienschaffenden notfalls unterstützend zur Seite zu stehen.

„Die Demonstrationen waren teilweise von Gewalt und Hass gegenüber Journalisten geprägt. Journalisten wurden gezielt angegriffen. Das rechtsextreme Demonstrationsbündnis aus Querdenken, Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand, Corona-Rebellen, Reichsbürgern, Shoa-Leugnern, AfD, NPD und Identitärer Bewegung ist eine Bedrohung für die Demokratie und die Pressefreiheit“, teilte Reichel heute mit. Nach den Informationen der dju in ver.di Berlin-Brandenburg seien zwei Redaktionen bedroht, fünf Fernseh-Kamerateams sowie 12 weitere Journalistinnen und Journalisten bedrängt, beleidigt, bespuckt und geschlagen worden.

Besonders gefährlich sei ein Angriff auf vier Journalistinnen und Journalisten durch eine Gruppe von 10 bis 15 rechtsextremen Aktivisten der „Identitären Bewegung“ in der Nähe des Brandenburger Tors am Samstagnachmittag gewesen. Die Medienschaffenden seien massiv angegriffen, bedrängt, und beleidigt worden. Außerdem habe man sie mit den Worten „Ihr werdet totgemacht“ beschimpft.

Bereits im Vorfeld der Demonstrationen hatte die dju in ver.di vor neuerlichen Übergriffen auf Journalist*innen gewarnt, nachdem es bereits bei der ersten Großveranstaltung dieser Art am 1. August in Berlin zu Attacken auf zehn Journalistinnen und Journalisten verschiedener Medien sowie vier TV-Teams gekommen sei.

Organisiert und angemeldet hatte beide Demos die Stuttgarter Initiative „Querdenken 711“. Ein ursprünglich geplantes Protestcamp auf der „Straße des 17. Juni“, das noch bis zum 14. September dauern und dessen erklärtes Ziel die Abdankung der Regierung und die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung sein sollte, wurde vom Berliner Oberverwaltungsgericht verboten. Auch offen rechte und rechtsextreme Gruppen wie die NPD oder die „Identitäre Bewegung“ hatten zur Teilnahme an der Veranstaltung mobilisiert. Zu rechten Ausschreitungen war es am Samstag dann vor der russischen Botschaft gekommen. Mehr als 200 Festnahmen, darunter Attila Hildmann, verzeichnete die Berliner Polizei. Am Abend stürmte zudem eine Gruppe von Dutzenden Protestierenden, darunter viele Rechte, die Treppen des Reichstags, nachdem sie die Absperrungen durchbrochen hatte.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Zwölf Jahre Lager für Journalistinnen

Zwei leitende Journalistinnen des belarussischen Internet-Nachrichtenportals tut.by wurden in Minsk zu je zwölf Jahren Straflager verurteilt. Die Schuldsprüche ergingen am 17. März 2023 gegen Chefredakteurin Maryna Zolatava und Geschäftsführerin Ljudmila Tschekina, wie Reporter ohne Grenzen (RSF) jetzt informierte. Tut.by war bis zu den Massenprotesten gegen Diktator Alexander Lukaschenko im August 2020 das größte unabhängige Medienunternehmen in Belarus und die wichtigste Nachrichtenseite des Landes.
mehr »

Astrologie und Punkrock

Die Schwedin Liv Strömquist ist eine der einflussreichsten Comiczeichnerinnen. Die Graphic Novel „Der Ursprung der Welt“ über die Kulturgeschichte der Vulva gilt manchen als moderner feministischer Klassiker. Ihr neues Buch handelt von Astrologie: Strömquist macht sich darin ausgiebig über die Eigenheiten der Sternzeichen lustig. Im Interview mit M erzählt sie, wie sie zu diesem Thema gefunden hat, wie Punk, Underground-Comics und ihr Studium ihren Stil geprägt haben und welche Frage sie in Interviews heute nicht mehr hört.
mehr »

Filmtipp: „Erfundene Wahrheit“

Daniel Sagers Dokumentarfilm „Erfundene Wahrheit“ bringt den Fälscher-Skandal um den „Spiegel“-Reporter Claas Relotius in die Streamingdienste. "…Er trägt eine schusssichere Weste, automatisches Gewehr, Nachtsichtgerät, irgendwann drückt er ab…" – Claas Relotius, Deutschlands bekanntester Reporter, wusste, was in einer schönen Reportage nicht nur über Amerikaner nahe der mexikanischen Grenze stehen muss. 
mehr »

DW vor Stellenabbau – ver.di protestiert

Mit Empörung reagiert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) auf die am Abend des 17. März in einer Online-Betriebsversammlung verkündeten Entlassungen bei der Deutschen Welle: Bis zu 300 vorwiegend freie Mitarbeitende sollen demnach noch dieses Jahr ihren Job verlieren. Begründung: Die Intendanz befürchte eine Verschlechterung der Finanzsituation für das Jahr 2024.
mehr »