Fotografie ist heute ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil des Journalismus in vielen publizistischen Produkten, vor allem Tageszeitungen und Magazinen. Die Anfänge dieser fruchtbaren Beziehung gehen auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Die Ausstellung „Die Erfindung der Pressefotografie“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin versucht, nicht unbedeutende Teile dieser Geschichte zu erzählen.
Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Ullstein Bild/ Axel Springer Syndication GmbH und dem Deutschen Historischen Museum. Konkret behandelt dieses Projekt die Geschichte der „Berliner Illustrirten Zeitung“, die ab 1894 im Ullstein-Verlag erschien, bis sie 1936 „arisiert“ wurde. Die BIZ war zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine der erfolgreichsten Zeitschriften in Deutschland und hatte zu ihren Hochzeiten eine Auflage von fast 2 Millionen Exemplaren. Sie gilt als Paradebeispiel für das zu der Zeit neu entstandene Medium der Illustrierten. Die Präsentation im Deutschen Historischen Museum wird getragen von 340 Originalabzügen aus der Sammlung Ullstein, darunter Fotografien namhafter Fotografen und Agenturen wie Erich Salomon oder Zander&Labisch.
Was die sehr gelungene Präsentation der Werke im Pei-Bau des Berliner Museums angeht, so orientiert sich diese am Medium der Zeitung und dem Rotationsdruck. Tragende Gestaltungselemente sind lange Zeitungspapierbahnen, die sich um Metallrollen winden und auf denen die Ausstellungstexte gedruckt sind, sowie im Raum verteilte Zeitungsstapel. Inhaltlich ist die Ausstellung in die drei historischen Kapitel „Die Berliner Illustrirte Zeitung im Kaiserreich 1894 bis 1918“, „Tradition und Moderne 1919 bis 1933“ und „Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg 1933 bis 1945“ gegliedert. Der Querschnittsbereich „Fotografie als Material“ befasst sich mit den Themen Bildmanipulationen und Retusche.
Innerhalb der Kapitel gibt es kurze Einführungstexte, in denen die Geschichte der Illustrierten zeithistorisch eingebettet wird, so dass man einen guten Überblick über die politischen Turbulenzen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekommt. Dabei spielen die gut erhaltenen Originalabzüge die wichtigste Rolle, die zugleich etwas über die sich wandelnden fotografischen Stile der Zeit erzählen. Ergänzt werden die Bilder durch Originalausgaben der Zeitung sowie verschiedener Objekte der Zeit, wie originale Kameras oder Negative. An einigen wenigen Stellen scheint auf, wie die Abzüge selbst – vor allem auf Karton aufgezogen im Archivformat präsentiert – zu Objekten mit Geschichte werden, da am Rand Notizen und Schnittmarken zu finden sind.
Schade ist, dass die Ausstellung viele Fragen, die sich für Fotografen und Journalisten heute wie damals stellen, nicht thematisiert. So wird nichts oder nur wenig bekannt über die Rolle der Fototechnik, die Arbeitsbedingungen der Pressefotografen, ihre Arbeitsverträge oder die Art und Weise der Zusammenarbeit mit der Redaktion. Dass hier damals wie heute Konfliktpotential liegt, lässt ein Brief des BIZ-Chefredakteurs Kurt Korff an den Fotografen Erich Salomon aus dem Jahr 1931 erahnen, in dem er von diesem die Erfüllung seiner Vertragsbedingungen anmahnt. Was denn das Neue an der modernen Fotoreportage ist, wie im Begleittext kolportiert, und was diese auszeichnet, wird leider unzureichend erläutert. Die Begleittexte sind generell recht oberflächlich. Alles dient letztlich vor allem als Bühne für die historischen Bilder und Dokumente aus dem Ullstein-Archiv.
Die Ausstellung läuft noch bis 31. Oktober 2017 und ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der begleitende Katalog ist im Hatje Cantz Verlag erschienen (208 Seiten, ISBN 978-3-7757-4324-2, 19,80 Euro).