Delfine nahezu unbemerkt abgeschlachtet
Die japanische Küstenstadt Taiji ist ein Ort des Grauens. Jedes Jahr schlachten Fischer in einer abgelegenen Bucht auf barbarische Weise rund 23.000 Delfine ab. In der Öffentlichkeit wurde davon nichts bekannt bis sich der Aktivist Ric O’Barry aufmachte, die Sache aufzudecken. O´Barry hadert mit seiner Vergangenheit als „Flipper“-Trainer, seit ihm Anfang der 1970er Jahre bewusst wurde, wie sehr die Meeressäuger unter ihrer Gefangenschaft in den Delfinarien und bei Delfinshows leiden. Fortan rettet und befreit er die Tümmler, und schon mehrfach wurde er im Zuge einer Kampagne verhaftet.
Sein Film „Die Bucht“ ist O’Barrys ehrgeizigstes Projekt und einer der wichtigsten Dokumentationen des Jahres, weil er endlich die Wahrheit ans Licht bringt und die Verantwortlichen von Taiji, die auf der internationalen Walfang Kommission stets das Blaue vom Himmel erzählen, als Heuchler entlarvt.
Einige Sequenzen von Killern, die ihre Opfer brutal mit Harpunen zu Tode martern, sind kaum auszuhalten. Aber dass O’Barry es gemeinsam mit Regisseur Louie Psihoyos überhaupt gelungen ist, diese Bilder einzufangen, die nun die Chance bieten, eine größere Öffentlichkeit zu mobilisieren, ist eine Sensation. Denn unter großen, unabsehbaren Gefahren, im Visier von Spionen und Polizisten, installiert ein Spezialistenteam von Tauchern und Unterwasserfilmern raffiniert getarnte Nachtsichtgeräte und Wärmekameras rund um das Blutbad. Was dann im Laufe weiterer Recherchen ans Licht kommt, möchte man kaum glauben: Angesichts der industriellen Verschmutzung der Ozeane sind Delfine eigentlich Gift. Ihr Fleisch kommt unter falschem Etikett auf den Markt, weil sie die meisten Japaner gar nicht essen wollen. Es kam bereits zu dramatischen Folgen, ohne dass die Bevölkerung jemals aufgeklärt worden wäre: In Minamata erkrankten Menschen schwer und gebaren behinderte Kinder. In Taiji wurde gar das quecksilberverseuchte Delfinfleisch als Schulspeisung verordnet!
Gleichermaßen spannend, hoch emotional und informativ ist „Die Bucht“, mehrfach mit Publikumspreisen ausgezeichnet, ein brisanter Film, der wütend und traurig stimmt. Und bewirkt hat er auch schon etwas: Der Fischereiminister wurde mittlerweile gefeuert, die giftige Schulspeisung eingestellt, und erstmals in diesem Sommer haben die japanischen Behörden von 100 großen Tümmlern 70 freigelassen. Noch ist allerdings viel zu tun, damit das Leben der Delfine auch in Zukunft gesichert ist. Da ist jeder Kinobesucher mit seinem Protest gefragt. Schade nur, dass die Partner-Organisationen, die sich für den Schutz von Walen und Delfinen einsetzen, nicht zusammenarbeiten. Der Filmverleih hatte die schwierige Aufgabe, sich entscheiden zu müssen, wen er als Unterstützer ins Boot holt. Sowohl das Wal- und Delfinschutz-Forum, dem Rick O’Barry persönlich vorsteht, als auch die Münchner „Gesellschaft zur Rettung der Delfine“ blieben dabei auf der Strecke. Da reibt man sich nur verwundert die Augen …
USA 2009.
R: Louie Psihoyos.
Dokumentation.
90 Minuten