Kritik wird von Gericht als „Extremismus“ bewertet
Wenn einem Journalisten in Tadschikistan eine Anklage wegen „extremistischer“ Artikel droht, ist zu befürchten, dass es für den Beschuldigten schlecht ausgehen wird. Denn der Begriff „Extremismus“ wird in Paragraf 189 des Strafgesetzbuchs nur sehr vage definiert und dient den Behörden gern dazu, unliebsamen Oppositionellen, Menschenrechtsverteidiger*innen und eben auch Journalist*innen den Prozess zu machen.
Genau so kam es für Daler Sharipov, einen in Tadschikistan relativ bekannten Journalisten, der auch über Menschenrechtsverletzungen oder die Religionsfreiheit im Land berichtet. Er ist den Machthabern schon länger ein Dorn im Auge, und die unabhängige Zeitung Ozodagon, für die er schrieb, wurde nach Jahren der Schikane durch die Behörden im vergangenen Jahr eingestellt.
Ende Januar wurde Daler Sharipov von Angehörigen des Staatlichen Komitees für Nationale Sicherheit festgenommen. Seitdem ist er im Gefängnis, wobei die Haftbedingungen in Tadschikistan berüchtigt sind. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Sharipov soll extremistische Artikel zu religiösen Themen veröffentlicht haben und Verbindungen zu einer extremistischen Organisation unterhalten. Anlass der Anklage war zudem seine Dissertation, in der sich mit dem Islam befasste, und die er über inoffizielle Kanäle verbreitet hat.
Das Bezirksgericht Shohmansur in der Hauptstadt Duschanbe eröffnete am 15. April den Prozess und verkündete einen Tag später das Urteil: Daler Sharipov wurde für schuldig befunden, religiöse Zwietracht gesät zu haben, und wurde nach Paragraf 189 zu einem Jahr Haft verurteilt. Amnesty International hält ihn für einen gewaltlosen politischen Gefangenen, der keine Straftat begangen hat, sondern sich lediglich als Journalist kritisch mit verschiedenen Themen befasst hat.
Die Verfolgung von Journalist*innen ist in Tadschikistan weit verbreitet. Der UN-Menschenrechtsausschuss äußerte sich 2019 besorgt über die Strafverfolgung unabhängiger Medienschaffender, und Reporter ohne Grenzen ordnet Tadschikistan auf seiner Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 161 von 180 Staaten ein.
Was können Sie tun?
Schreiben Sie an den tadschikischen Präsidenten und fordern Sie ihn auf, den Journalisten Daler Sharipov umgehend und bedingungslos freizulassen, weil er lediglich von seinem international garantierten Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hat.
Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder Deutsch an:
Präsident
Emomali Rahmon
Executive Office of the President
Prospect Rudaki, 80
Dushanbe 734001
TADSCHIKISTAN
E-Mail:info@mts.tjonline
Twitter:@EmomaliRahmon
Senden Sie eine Kopie an:
Botschaft der
Republik Tadschikistan
S. E. Herrn
Sohibnazar Gayratsho
Perleberger Straße 43
10559 Berlin
Fax: (030) 3479 3029
E-Mail: info@botschaft-tadschikistan.de