„Charlie Hebdo“: Lange Haftstrafen für Attentäter

screenshot 24.10.22: https://charliehebdo.fr/

Ein Berufungsgericht in Paris hat am Abend des 20. Oktober den Hauptangeklagten im Prozess der Attentate gegen „Charlie Hebdo“ und den Supermarkt Hyper Cacher zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 37-jährige Ali Riza Polat wurde der Beihilfe zu den terroristischen Attentaten für schuldig befunden, bei denen die Brüder Said und Chérif Kouachi im Januar 2015 zwölf Mitarbeiter der Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ getötet hatten. Sein Freund Amedy Coulibaly hatte in dem koscheren Supermarkt vier Menschen jüdischen Glaubens ermordet und bereits am Vortag eine Polizistin getötet.

In erster Instanz war Polat vor knapp zwei Jahren zu 30 Jahren Haft verurteilt worden, das Berufungsgericht erhöhte seine Strafe nun. Der zweite Angeklagte Amar Ramdani bekam 13 Jahre Gefängnis wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“, in erster Instanz war er zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Von den Männern, die im Dezember 2020 verurteilt worden waren, legten nur Polat und Ramdani Berufung ein.

Der Berufungsprozess erstreckte sich über sechs Wochen. Die Staatsanwaltschaft hatte die Maximalstrafe für Ali Riza Polat gefordert und die Richter gebeten, die Gesellschaft „vor diesem extrem gefährlichen Mann zu schützen“, der „weiterhin in einem extremen Islamismus verankert sei“. Der Franko-Türke Polat hatte während des Prozesses erneut seine Unschuld beteuert und wiederholt, dass er kein Terrorist sei. Er wurde dennoch für schuldig befunden, auch als rechte Hand von Coulibaly den Anschlag auf den Supermarkt mit vorbereitet zu haben. Der 41 Jahre alte Ramdani hatte nach Überzeugung des Gerichts Coulibaly Waffen geliefert.

Im ersten Prozess im Herbst 2020 standen 14 mutmaßliche Helfer der Attentäter vor Gericht, drei davon befanden sich auf der Flucht und wurden in Abwesenheit verurteilt. Die restlichen elf Angeklagten wurden zu Haftstrafen zwischen vier Jahren und lebenslänglich verurteilt. Es gab 300 Nebenkläger.

Nach der Urteilsverkündung im Berufungsprozess sagte Richard Malka, der Anwalt von „Charlie Hebdo“, im französischen Nachrichtensender France Info, er sei „erleichtert“. Die Zeitschrift erklärte auf ihrer Internetseite: „Letztendlich hat der Prozess nichts Neues enthüllt.“ Die juristische Geschichte der Attentate vom Januar 2015 sei zu Ende, aber nicht die der Opfer, die weiterhin an den Folgen litten. Deren Geschichte bleibe noch zu schreiben, kommentierte „Charlie Hebdo“.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »