Neue Zeitung auf Papier für Spanien

Screenshot 20. Oktober 2021: https://www.epe.es/es/

Spanien hat eine neue Tageszeitung, online und auf Papier. Seit dem Nationalfeiertag, dem 12. Oktober, erscheint „El Periódico de España“. Das Team um Chefredakteur Fernando Garea will die Medienlandschaft aufmischen. „Wir brauchen einen Journalismus, der das heutige Spanien versteht“, sagt der erfahrene Journalist, der unter anderem die spanische Nachrichtenagentur EFE leitete. Er hat sich mit einer Mannschaft umgeben, die unter anderem bei der Konkurrenz, wie etwa dem Verlagshaus PRISA, Herausgeber der größten Tageszeitung Spaniens, der „El País“, abgeworben wurde.

Nach Themen befragt, die das aktuelle Spanien seiner Ansicht nach ausmachen, nennt Garea Gleichstellung der Frauen sowie den Klimawandel als das, was seiner Ansicht nach die Gesellschaft bewegt. Außerdem soll das neue Blatt einen genaueren Blick auf das werfen, was außerhalb der Hauptstadt Madrid geschieht. Spanien ist zwar politisch dezentralisiert, aber bei Kultur, Politik und Medien gibt die Hauptstadt den Ton an. Was sonst so im Lande passiert, geht meist völlig unter.

Das will „El Periódico de España“ jetzt ändern. Die Zeitung soll eine „Plattform sein, die Inhalten aus einem pluralistischen, vielfältigen und dezentralisierten Spanien Gehör verschafft“ anstatt „Journalismus über politische Statements“ zu machen. Es gehe darum, Informationen zu bieten, „damit sich die Leser ihre eigene Meinung bilden können. Wir wollen keine Meinung vorgeben“, sagt der Chefredakteur, ein deutlicher Seitenhieb auf die völlig politisierte Hauptstadtpresse Spaniens.

„El Periódico de España“ erscheint in der Gruppe Prensa Ibérica. Diesem Verlagshaus gehört ein Großteil der spanischen Regionalpresse. Das bisherige Schlachtschiff von Prensa Ibérica ist „El Periódico de Catalunya“, neben „La Vanguardia“ die einzige Zeitung aus der zweitgrößten Stadt Spaniens, Barcelona, mit spanienweitem Einfluss.

Anstatt wie bei der hauptstädtischen Presse üblich, Regionalreaktionen von Madrid aus zu planen und zu besetzen, wird „El Periódico de España“ von der Zuarbeit der regionalen Zeitungen aus der Gruppe Prensa Ibérica leben. Die Blätter aus diesem Haus sind keine Mantelzeitungen. Sie sind unabhängig und teilen nur hin und wieder Artikel, aber – anders als etwa in Deutschland oder ganz extrem in der Schweiz üblich – keine ganzen Zeitungsteile. Genau diese breite Aufstellung überall im Land wird jetzt das Rückgrat von „El Periódico de España“ bilden. Der Schwerpunkt soll bei sozialer Berichterstattung und dort auf Reportagen liegen. Außenpolitisch will sich das Blatt auf die Regionen konzentrieren, die für Spanien wichtig sind, das heißt neben Europa und den USA, Lateinamerika und Nordafrika.

Die neue Zeitung werde „von den Informationen genährt, die Hunderte von Journalisten der Gruppe jeden Tag aus den verschiedenen Territorien liefern“, versicherte Prensa Ibérica-Präsident Javier Moll, als er das Projekt am 11. Oktober vorstellte, einen Tag vor der ersten Ausgabe. Das ermögliche ein genaueres Bild von der Vielseitigkeit, als dies in der Hauptstadtpresse üblich sei. Insgesamt arbeiten über 1200 Redakteur*innen in den unterschiedlichen Regionalzeitungen. In der Redaktion von „El Periódico de España“ sind es rund 40.

Das neue Blatt sei „das logische Ergebnis einer Entwicklungsstrategie“, fügte Moll hinzu. Nach dem Erfolg auf regionaler und lokaler Ebene gipfle diese jetzt „in der Einführung einer neuen Zeitung mit Sitz in Madrid“. Unter den geladenen Gästen befanden sich Minister der spanischen Linksregierung sowie zahlreiche Regierungschefs aus den spanischen Regionen.

Bleibt die Frage: Warum heute noch Papier, wo alle anderen einen Weg suchen, endgültig auf online umzustellen? Garea hat eine Antwort parat: „Papier ist immer noch eine Form, mit der Geld zu machen ist. Außerdem sorgt eine gedruckte Ausgabe für Prestige und Einfluss.“ Allerdings wird“ El Periódico de España“, wohl auch um den anderen Blättern aus dem Hause Prensa Ibérica keine Konkurrenz zu machen, erst einmal nur in Madrid am Kiosk erhältlich sein. Leser im Rest des Landes müssen sich mit der kostenlosen web-Version und dem Kostenpflichtigen E-Paper begnügen. Die Anfangsauflage liegt nach inoffiziellen Informationen bei rund 7.000.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Quartalsbericht zur Branche liegt vor

Einen detaillierten Blick auf das Geschehen in der Medienbranche wirft der jetzt wieder vorliegende Quartalsbericht. Er speist sich aus den Auswertung von Internetseiten, Zeitungen, Fachzeitschriften, Informationsdiensten, Verbands- und Unternehmenspublikationen. Ein Merkmal des ersten Monate dieses Jahres: Viele Übernahmen und eine Werbekonjunktur. 
mehr »

Buchtipp: Sprache des Kapitalismus

Über gendersensible Sprache läuft schon seit Jahren eine hochemotionale Debatte. In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden gilt seit dem 1. April sogar ein Genderverbot. Über Begrifflichkeiten wie „steigende Preise“ oder Finanzkrisen, die wie ein „Tsunami“ über uns kommen, wird dagegen weniger gestritten. Sie beherrschen längst unser Denken und Sprechen, sind in unseren Alltag eingedrungen. Wer in diesem Wirtschaftssystem sozialisiert wurde, nutzt sie automatisch, ohne weiter darüber nachzudenken.
mehr »

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »