Paris: Ausweisung war rechtswidrig

Foto: fotolia

Das Pariser Verwaltungsgericht erklärte die Ausweisung von Luc Śkaille im August 2019 für rechtswidrig. Der Journalist wollte für den Freiburger Sender Radio „Dreyeckland“ über den G7-Gipfel in Biarritz berichten. Grundlage für die Ausweisung waren Informationen des Bundeskriminalamts über seine Beteiligung an einer Hausbesetzung vor 10 Jahren. Der Geschäftsführer von Radio Dreyeckland sieht im Urteil ein Signal an die Behörden, Journalist*innen nicht an ihrer Arbeit zu hindern.

„Mit Hand- und Fußfesseln versehen wurde ich mit 160 Kilometern pro Stunde mit Blaulicht nach Kehl gefahren und dort abgesetzt.“ So schilderte Luc Śkaille  im August 2019 gegenüber dem Internetmagazin Telepolis seine Abschiebung durch die französischen Behörden. Ein Ausweisungs-Prozedere musste der Journalist, der unter anderem für die Tageszeitung „junge welt“ und das Freiburger Radio „Dreyeckland“ aus Frankreich berichtet, im Sommer 2019 gleich zweimal über sich ergehen lassen. Der erste Ausweisungsbeschluss war nach wenigen Tagen von den französischen Behörden wieder aufgehoben worden. Nachdem Śkaille sich zum zweiten Mal auf dem Weg nach Frankreich gemacht hatte, wurde der Beschluss erneuert. Er wurde erneut von der Polizei festgenommen und zur deutschen Grenze gebracht, obwohl er von dem Freiburger Sender beauftragt worden war, vom G7-Gipfel in Biarritz zu berichten und auch die entsprechenden Dokumente vorweisen konnte. Begründet wurde die Ausweisung mit Informationen des deutschen Bundeskriminalamts. Dort war über Śkaille vermerkt, dass er sich vor mehr als 10 Jahren an einer Hausbesetzung sowie an Umweltaktionen beteiligt hatte. Es war allerdings nie zu einer Verurteilung gekommen.

Das Verwaltungsgericht hat nun festgestellt, das französische Ausländerrecht, das im Zuge der Anti-Terror-Maßnahmen etabliert wurde und mit dem die Ausweisung begründet wurde, hätte bei Śkaille nicht zu Anwendung kommen dürfen. „Hier wurde offenbar in die falsche Schublade gegriffen“, kommentierte der Journalist den Vorgang. Eine Beteiligung an einer Hausbesetzung vor 10 Jahren dürfe nicht dazu führen, dass ein Journalist als Gefährder geführt und ausgewiesen wird, belehrten die Richter*innen  die französischen Behörden.

Das Gericht sprach Luc Śkaille auch eine finanzielle Entschädigung zu. So bekam er einen Teil der Fahrtkosten zum G7-Gipfel nach Biarritz erstattet, wo er seine journalistische Arbeit wegen der Behördenmaßnahmen nicht ausüben konnte. Doch Śkaille betonte in einem Interview, dass es ihm nicht um die überschaubare finanzielle Entschädigung gehe. Er sehe in seinem Erfolg vor Gericht vor allem eine Ansage an die französischen Behörden. Hier sah auch der Geschäftsführer von Radio Dreyeckland Andreas Reimann ein wichtiges Signal des Urteils. „Wir sind kein linkes Bewegungsradio, sondern tragen als Medium mit zur Meinungsvielfalt bei“, betonte Reimann gegenüber M. Daher könne es nicht sein, dass Journalist*innen, die mit Dokumenten belegt für den Sender arbeiten, an ihrer Arbeit gehindert werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Medienwende nach dem Mauerfall

35 Jahre nach dem Mauerfall bietet die Medienlandschaft im Osten Deutschlands ein zwiespältiges Bild. Nach wie vor verlieren die von westdeutschen Großverlagen kontrollierten ehemaligen DDR-Traditionstitel überdurchschnittlich an Auflage und Anzeigenvolumen. Der aufgelöste staatliche DDR-Rundfunk ist nach anfänglichem Hickhack erfolgreich in ARD und ZDF integriert. Gescheitert ist indes früh der Traum der Ex-Bürgerrechtler von einem „Dritten“ Medienweg.
mehr »

Kodex für mehr Respekt beim Film

Auf Initiative der Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, des Bundesverbands Schauspiel (BFFS) und Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten – Film, Fernsehen und Audiovisuelle Medien hat eine Gruppe aus Branchenvertreter*innen von Verbänden, TV-Sendern, Streamingdiensten, Förderern und unter Beteiligung der BKM, der Themis Vertrauensstelle e. V. und der BG ETEM nach über einem Jahr gemeinsamer Beratung heute den Respect Code Film (RCF) beschlossen.
mehr »

Keine Auskunft zu Pegasus

Auch Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht  erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Nun erkannte das Gericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist aber nicht verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über den Erwerb und Einsatz der Software "Pegasus" zu erteilen.
mehr »

Mit Recht und Technik gegen Fake News

Als „vielleicht größte Gefahr“ in der digitalen Welt sieht die Landesanstalt für Medien NRW (LFM) die Verbreitung von Desinformationen. Insbesondere gilt das für die Demokratische Willensbildung. Daher wird die Aufsichtsbehörde ihren Scherpunkt im kommenden Jahr genau auf dieses Thema richten. Aber wie kann man der Flut an Fake News und Deep Fakes Herr werden?
mehr »