Trumps „Medien-Krieg“ professionell begegnen

US-Präsident Donald Trump sei ein „Verächter der Demokratie“, der ganz bewusst „die Axt an die Grundpfeiler der Gewaltenteilung“ anlege. Medienschelte sei Teil seiner Strategie, die öffentliche Kontrolle der Politik ablehne und stattdessen auf Regieren via Twitter setze. So ordnet der frühere Spiegel-Korrespondent Holger Stark Trumps „Krieg“ gegen die Medien ein.

Stark war am 8. März 2017 in Berlin als Experte zu einem Roundtable geladen, der die Folgen dieser Politik für die Pressefreiheit erörterte. Das jetzige Mitglied der Chefredaktion der Zeit, bis Ende Januar noch Spiegel-Korrespondent in Washington, kam der Aufgabe kompetent, freundlich, aber meinungsstark nach. Auch die deutschen Kollegen mahnte er, sich ihrer „Kernaufgaben“ zu besinnen, hartnäckig und „ohne Kuschelkurs“ die Regierenden „bis in die letzten Winkel auszuleuchten“. Wohin allerdings die gesellschaftliche Entwicklung führe, so Stark, könnten die Medien nicht bestimmen, das müsse letztlich „die Gesellschaft entscheiden“.

Der ehemalige USA-Korrespondent erläuterte, dass es „Medien-Bushing“ und eine Erosion des Vertrauens in die klassischen Medien in den USA bereits seit vielen Jahren gegeben habe. Unter Präsident Obama sei es nicht gestoppt und im letzten Präsidentschaftswahlkampf von Protagonisten wie Newt Gingrich gezielt befördert worden. Donald Trump habe es als Teil seiner Strategie mindestens seit Beginn 2015 „getestet“ und bis heute perfektioniert. Wie sehr mittlerweile „Glaubensfragen faktenbasierte Aufklärung ersetzten“, zeige sich am Trump-Tweet mit der Behauptung, Obama habe ihn abhören lassen. Die Medien in den USA hätten Trumps Ansatz lange unterschätzt, business as usual betrieben und der Vertrauenskrise der Bevölkerung in die klassischen Medien zumindest nicht energisch entgegengewirkt. „Access journalism“, das Fraternisieren von Eliten mit dem Establishment durch Deals mit Informationen seien länger wirkende Tendenzen, die Trumps Ziel beförderten, die Medien als „Filterinstanz auszuschalten“.

Inzwischen gäbe es eine Repolitisierung, Zeitungen und Sender versuchten, ihre Ressourcen zu stärken und gezielt gegen Trump in Stellung zu bringen. Noch sei aber offen, wer „das Armdrücken gewinnt“. Dass die Demokratie weiter verliere, sei nicht auszuschließen. Erschwerend käme hinzu, dass die US-amerikanische Gesellschaft mittlerweile „so unversöhnlich fragmentiert“ sei, „dass ein klassischer demokratischer Diskurs kaum Einigung schaffen“ könne.

Eingeladen von „Reporter ohne Grenzen“ und dem Journalistenverband Berlin-Brandenburg debattierte ein interessiertes Publikum von Journalistenkolleg_innen mit dem USA-Kenner. Trumps Vorgehen unter dem Slogan „media is the opposition party“ sei ein Kampf „mit ungleichen Mitteln“, stellten Teilnehmer fest. Seriösem Journalismus bleibe nur, immer wieder auf Fakten und die Realität zu verweisen. Holger Stark riet energisch, sich nicht auf die von Trumps vorgegebene „Kriegs“logik einzulassen, Verschwörungstheorien und Fake News “hartnäckig, kühl und politisch“ zu begegnen und die kritische Öffentlichkeit als „wirkliche Opposition“ zu stärken. Gefahren für die Pressefreiheit in den USA wurden auch in mangelnder Solidarität und dem Fehlen gemeinsamer Spielregeln unter den Medien ausgemacht. Zudem nutze Trump das Entstehen vieler neuer (Online-)Medien zum „Spielen mit dem Wildwuchs“, rede Traditionsblätter wie die New York Times aber auch wirtschaftlich schlecht.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Warnstreik bei der Süddeutschen Zeitung

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde am 25. Juli 2024 hatten die Verhandler*innen des Zeitungsverlegerverbandes BDZV der dju in ver.di ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Gehalten haben sie das Versprechen nicht. Konkrete Zahlen zur Tariferhöhung blieb der BDZV schuldig. Stattdessen stellte er Gegenforderungen zum Nachteil der Zeitungsredakteur*innen. Heute streikten dagegen über 100 Beschäftigte der Süddeutschen Zeitung. In Nürnberg gab es eine Aktive Mittagspause vor dem Verlag Nürnberger Presse.
mehr »

Süddeutsche ohne Süddeutschland?

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) will sich aus der Regionalberichterstattung in den Landkreisen rund um München weitgehend zurückziehen. Am Mittwoch teilte die Chefredaktion der SZ zusammen mit der Ressortleitung den rund 60 Beschäftigten in einer außerordentlichen Konferenz mit, dass die Außenbüros in den Landkreisen aufgegeben werden und die Berichterstattung stark zurückgefahren wird. Dagegen wehrt sich die Gewerkschaft ver.di.
mehr »

Breiter Protest für Rundfunkfinanzierung

Anlässlich der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten (MPK) in Leipzig fordert ver.di die Fortführung des Reformdiskurses über die Zukunft öffentlich-rechtlicher Medienangebote und über die Strukturen der Rundfunkanstalten. Die notwendige Debatte darf die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten jedoch nicht daran hindern, ihren vom Bundesverfassungsgericht zuletzt im Jahr 2021 klargestellten Auftrag auszuführen: Sie müssen im Konsens die verfassungsmäßige Rundfunkfinanzierung freigeben.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »