Türkei wegen Haft für Journalisten verurteilt

Tag der Pressefreiheit: Demonstranten forderten vor der Türkischen Botschaft in Berlin bereits 2017 die Freilassung von inhaftierten Journalisten in der Türkei.
Foto: Christian von Polentz

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei verurteilt, weil sie acht Journalisten und Manager der Zeitung „Cumhuriyet“ und der „Cumhuriyet“-Stiftung monatelang eingesperrt hatte. Mit der Haft seien die Meinungsfreiheit und das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Betroffenen verletzt worden, erklärte der EGMR am Dienstag in Straßburg. Ihnen wurde Schadenersatz von 16.000 Euro pro Person zugesprochen.

Die Betroffenen waren im November 2016 in Untersuchungshaft gekommen und mussten zwischen sieben und 16 Monaten im Gefängnis bleiben. Sie wurden unter anderem verdächtigt, mit der Zeitung terroristische Propaganda für die kurdische PKK und die von den Behörden sogenannte Fethullahistische Terrororganisation verbreitet zu haben, wie der EGMR rekapitulierte. Im Juli 2016 war es in der Türkei zu einem Putschversuch gegen die Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan gekommen.

Die Fälle der „Cumhuriyet“-Mitarbeiter sind in der Türkei weiter vor Gericht anhängig, auch wenn diese inzwischen freigelassen wurden. Zwei weitere ursprünglich ebenfalls Inhaftierte und Angeklagte hat die dortige Justiz mittlerweile entlastet. Das türkische Verfassungsgericht erkannte in ihren Fällen auf eine Verletzung von Meinungsfreiheit und Recht auf Sicherheit, wie der EGMR erklärte.

Für die anderen Fälle stellte dies nun der EGMR fest und verwies dabei auf die Berichterstattung durch „Cumhuriyet“. Es ging demnach um Artikel, Tweets und andere Äußerungen, welche die türkischen Behörden oder ihre Sympathisanten kritisierten, die Äußerungen von angeblich terroristischen Akteuren transportierten oder sensible Informationen verbreiteten.

Der EGMR urteilte (AZ: 23199/17), dass selbst wenn alle fraglichen Beiträge den Betroffenen zugerechnet werden könnten, diese nicht verdächtig seien, terroristische Propaganda verbreitet oder Terrororganisationen unterstützt zu haben. Alle Handlungen fielen vielmehr in den Bereich öffentlicher Diskussion über Dinge, die bereits bekannt waren, liefen auf eine Ausübung der Menschenrechte hinaus und bedeuteten keine Unterstützung für die Anwendung von Gewalt .

ps

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Journalismus gefordert wie noch nie

„Demokratie im Krisenmodus – Journalismus gefordert wie nie!“ lautet das Motto des 37. Journalismustags der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, der am 25. Januar in Berlin stattfindet. Angesichts von Digitalmonopolen, Autoritarismus und Desinformation lädt die dju zur Debatte darüber ein, welche Rolle Journalismus in dieser gesellschaftlichen Situation spielen kann.
mehr »

SZ-Streik macht sich bemerkbar

Mit Plakaten, Sirenen und deutlichen Forderungen läuteten 120 Redakteur*innen der Süddeutschen Zeitung am Dienstag den dritten Streiktag in München ein. Im Zentrum der Kritik: Ein Angebot der Arbeitgeber, das die inflationsbedingten Reallohnverluste kaum abfängt – und vor allem Berufseinsteiger*innen hart treffen würde.
mehr »

Intime Szenen beim Film

Neben Regie, Kamera und Ton sind immer öfter auch sogenannte Intimitätskoordinator*innen Teil des Stabs von Film- und TV-Produktionen. Wie arbeiten diese Spezialist*innen für intime Szenen und wie profitiert das Team von ihrem Einsatz? Über Herausforderungen und Hindernisse beim Drehen intimer Szenen sprachen wir mit der Bremer Intimitätskoordinatorin Sarah Lee.
mehr »

Filmtipp: The Next Level

„The Next Level“ ist eine herausragend gute sechsteilige Dramaserie der ARD mit Lisa Vicari als Reporterin, deren Neugier geweckt wird, als sie von einem tragischen Todesfall erfährt. Aber das ist bloß der Auslöser der Handlung. „Spiegel“-Autor Alexander Osang bietet mit seinem ersten Drehbuch seit zwanzig Jahren eine fesselnde Mischung aus doppeltem Beziehungsdrama, Eltern/Töchter-Ebene und Berlin-Geschichte.
mehr »