Vier Jahre Haft für Grigorij Pasko

Journalist und Umweltschützer wird Landesverrat vorgeworfen

Die Pressefreiheit in Russland gerät in Gefahr: Der Geheimdienst sorgt dafür, dass Kritik an der Pazifik-Flotte nicht ungestraft bleibt.

Gerichtsverfahren und Urteil erinnerten an längst vergangene Sowjet-Zeiten: Der russische Journalist und Umweltschützer Grigorij Pasko wurde am 25. Dezember zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Sein „Verbrechen“: Er hatte unter anderem in Artikeln für die Marine-Zeitung „Bojewaja Wachta“ darauf aufmerksam gemacht, dass die russische Pazifik-Flotte radioaktiven Müll ins Meer kippt. Im russischen und japanischen Fernsehen waren zudem Videoaufnahmen zu sehen, die das Vorgehen dokumentieren. Die offizielle Anklage lautete „Landesverrat“.

Pasko wurde im November 1997 festgenommen und zwei Jahre später in erster Instanz zu drei Jahren verurteilt. Das Gericht berücksichtigte, dass der Geheimdienst FSB, Nachfolgeorganisation des berüchtigten KGB, Dokumente gefälscht hatte, um Pasko zu belasten. Wegen der langen Untersuchungshaft kam Pasko umgehend auf freien Fuß. Der Journalist sprach von einem „Freispruch dritter Klasse“, mit dem er sich nicht abfinden wollte. Auch der Geheimdienst ging in die Berufung. Das jetzige Urteil kommt für viele Beobachter überraschend, weil eigentlich ein Freispruch für Pasko erwartet worden war. Unmittelbar nach dem Richterspruch wurde er im Gerichtssaal verhaftet und in Lagerhaft überstellt. Seine Anwälte legten Beschwerde beim Obersten Gericht ein. Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände verurteilten den Schuldspruch als willkürlich und rückwärts gerichtet. „Das inakzeptable und skandalöse Urteil hat den einzigen Zweck, die russische Presse bei sensiblen Themen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen“, kritisierte Robert Menard, Generalsekretär der „Reporter ohne Grenzen“. Auch amnesty international betrachtet Pasko als gewaltlosen politischen Gefangenen und fordert seine sofortige Freilassung. In Russland selbst wird besorgt registriert, dass offenbar der Geheimdienst wieder festlegt, wie weit die Meinungs- und Pressefreiheit gelten. Teile der Medien und Bürgerrechtler kritisierten das Urteil scharf. „Die Geheimdienstlobby hat über die Vernunft gesiegt“, erklärte der Glasnost-Verteidigungsfonds.

Bis in die Politik hinein sorgt der Urteilsspruch für Unwohlsein: Schon Mitte Dezember hatte der Präsident des Oberhauses des russischen Parlaments, Sergej Mironow, der als Putin-Vertrauter gilt, das Verfahren gegen Pasko kritisiert und angekündigt, im Fall einer Verurteilung ein Gnadengesuch an den Präsidenten zu richten. Auch das Auswärtige Amt in Berlin hat gegen das Urteil aus Wladiwostok protestiert.

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »

Mexiko: Stipendium als Wendepunkt

Mit einem Stipendium kam die Journalistin Vania Pigeonutt vor drei Jahren nach Berlin. Kurz vor dem Burn-Out, als eine Art hyperventilierendes Nervenbündel, traf die Mexikanerin aus dem Bundesstaat Guerrero bei Reporter ohne Grenzen ein. Heute hilft sie Kolleg*innen aus anderen Ländern, aber auch aus Mexiko, beim Start in einen neuen Alltag.
mehr »