Zentrum für den Schutz von Journalistinnen

Eröffnung des Zentrums zum Schutz für Journalistinnen in Afghanistan am 7. März 2016 in Kabul. Es spricht Fozieh Kofi, Präsidentin der Kommission für Frauen im Parlament. In der Mitte des Präsidiums die Journalistin Farida Nekzad, Leiterin der Hauses.
Foto: Reporter ohne Grenzen

Zum Internationalen Frauentag eröffnet Reporter ohne Grenzen (ROG) heute in Kabul das Zentrum für den Schutz von Journalistinnen in Afghanistan (CPAWJ). Unter der Federführung der bekannten afghanischen Journalistin Farida Nekzad setzt sich das CPAWJ für die Sicherheit von Frauen in Medienberufen ein und hilft ihnen, gegen den sozialen Druck in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft anzukämpfen.

„Angesichts der extremen Gefahren auch und gerade für Journalisten kann Afghanistan kein sicheres Herkunftsland sein“, sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. „Besonders gefährdet sind Frauen im Journalismus: Sie werden von den Taliban und dem Islamischen Staat verfolgt, die skrupellos gegen Medienschaffende vorgehen. Gleichzeitig zwingt viele der soziale Druck dazu, ihre Arbeit aufzugeben. Seit 2002 wurden mindestens vier Journalistinnen von ihren Verwandten ermordet.“

Um Journalistinnen besser zur schützen, organisiert das CPAWJ unter anderem Seminare über physische und digitale Sicherheit. Zudem setzt sich das neue Zentrum für ihre Rechte gegenüber Behörden und Medienunternehmen ein. Es gibt Empfehlungen an die Behörden darüber, welche Gesetze die Arbeitsbedingungen von Frauen in Medienberufen verbessern können.

Farida Nekzad, Leiterin des Zentrums im Interview mit einer Reporterin der AFP
Foto: Reporter ohne Grenzen

Das CPAWJ fungiert auch als Ort des Austauschs mit der Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, insbesondere für Journalistinnen aus abgelegenen Gebieten. Dafür arbeitet das Zentrum bereits mit zehn Journalistinnen in zehn verschiedenen Provinzen zusammen, fünf davon in Konfliktgebieten. Ziel ist es, das Netzwerk im ganzen Land auszubauen.

Die Journalistin Farida Nekzad wird das Zentrum leiten. Sie hat im Jahr 2009 die Nachrichtenagentur Wakht gegründet, in der Journalistinnen unter anderem über die Rechte von Frauen berichteten. Ihre Kritiker haben wiederholt versucht, sie zu entführen oder umzubringen. Als Nekzad im Jahr 2007 über den Mord an der Journalistin Sakia Saki recherchierte, bekam sie Anrufe und E-Mails mit der Drohung, dass sie das gleiche Schicksal erleiden werde. Nekzad hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Courage in Journalism Award der Internationalen Stiftung für Frauen in den Medien. Auf Vorschlag von ROG lebte sie 2014 als Stipendiatin der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte mit ihrer Tochter in Hamburg.

Zehn Medienschaffende getötet

Afghanistan gehört zu den gefährlichsten Ländern für Journalist_innen weltweit. Im vergangenen Jahr wurden dort mindestens zehn Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet. ROG zählt die dort Terror verbreitenden Organisationen Taliban und Islamischer Staat zu den weltweit größten Feinden der Pressefreiheit. Die Zahl der Journalist_innen aus Afghanistan, die sich mit der Bitte um Unterstützung an das ROG-Nothilfereferat wenden, ist 2016 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Momentan steht ROG mit 10 afghanischen Journalist_innen in Kontakt, die Hälfte von ihnen sind Frauen.

Von den im vergangenen Jahr weltweit getöteten fünf Journalistinnen kamen drei aus Afghanistan. Die drei beim privaten afghanischen Fernsehsender Tolo TV angestellten Journalistinnen Mariam Ebrahimi, Mehri Asisi und Sainab Mirsai kamen ebenso wie vier ihrer männlichen Kollegen im Januar 2016 bei einem Selbstmordanschlag auf einen Kleinbus des Senders in der Hauptstadt Kabul ums Leben. Im Januar 2017 starb eine Mitarbeiterin des parlamentarischen Fernsehsenders bei einem Bombenanschlag auf das Parlament in Kabul.

Zusammen mit der taz Panter Stiftung lädt ROG im Mai 2017 die afghanische Journalistin Schahla Schaikim im Rahmen eines „Auszeit-Stipendiums“ drei Monate nach Berlin ein. Sie ist Direktorin des Radiosenders Nargis, der von Frauen für Frauen in Jalalabad gemacht wird.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Afghanistan auf Platz 120 von 180 Staaten. Mehr zur Lage von Journalisten vor Ort finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/afghanistan.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

dju: Mehr Schutz für Journalist*innen

Anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am 3. Mai fordert die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union (dju) in ver.di von Arbeitgeber*innen und Auftraggeber*innen in Rundfunk und Verlagen, den Schutz angestellter und freier Medienschaffender zu verbessern.
mehr »

ROG: Rangliste der Pressefreiheit 2025

Es ist ein Historischer Tiefstand. Die neue Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigt: Nur in sieben Ländern ist die Lage "gut", alle liegen in Europa. Deutschland rutscht auf Platz 11 ab. Neben einer fragilen Sicherheitslage und zunehmendem Autoritarismus macht vor allem der ökonomische Druck den Medien weltweit zu schaffen.
mehr »

Joakim Medin in der Türkei verurteilt

Am Nachmittag des 30. April 2025 wurde im türkischen Ankara der Prozess gegen Joakim Medin eröffnet. Medin erhielt elf Monate und 20 Tage auf Bewährung. Der schwedische Journalist, Sonderkorrespondent des schwedischen Mediums Dagens ETC war, im Zuge seiner Berichterstattung über die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu, am 27. März direkt nach seiner Ankunft in Istanbul festgenommen und drei Tage später in das Hochsicherheitsgefängnis Marmara in Silivri verlegt worden.
mehr »

Medienkompetenz: Von Finnland lernen

Finnland ist besonders gut darin, seine Bevölkerung gegen Desinformation und Fake News zu wappnen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schulen, aber die Strategie des Landes geht weit über den Unterricht hinaus. Denn Medienbildung ist in Finnland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf vielen Ebenen in den Alltag integriert ist und alle Altersgruppen anspricht. Politiker*innen in Deutschland fordern, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Kann das gelingen?
mehr »