In einem Buch, in dem Dietrich Kittner aus dem Alltag des Kabarettisten berichtet, dankt er denen, „die jahrelang selbstlos und unaufgefordert an diesem Buch mitgearbeitet haben: unseren friedliebenden Politikern, der liebenswerten Polizei, hart arbeitenden Fabrikbesitzern, den wahrheitsliebenden Medien, vorurteilslosen Bürgern“ und so weiter, die ihm den Stoff geliefert haben. So spricht, so schreibt kein harmloser Späßchenmacher, sondern ein scharfer Kritiker des real existierenden Kapitalismus.
Nach Kittners Tod am 15. Februar 2013 würdigte sein Kollege Dieter Hildebrandt ihn als den Mutigsten unter den deutschen Kabarettisten. Der Mut hatte seinen Preis: Die SPD schloß ihn aus, das Fernsehen boykottierte ihn. Aber die Säle, in denen er auftrat, waren überfüllt. Alles, was er vortrug, war leider wahr, höchstens leicht übertrieben oder einfach zu Ende gedacht, etwa wenn er von einer Verordnung der Bundesregierung sprach, „wonach Firmen, die sehr viel Geld einsacken, keine Steuern zahlen dürfen“, oder wenn er feststellte: „Damit alles schön demokratisch abläuft, darf das Volk alle paar Jahre darüber abstimmen, ob es sich nun lieber von der CDU oder von der SPD die Renten streichen lassen will.“ Am schärfsten ging er mit allen ins Gericht, die immer neue Kriege propagierten, wie es Franz Josef Strauß schon 1958 getan hatte: „Die Vorstellung, daß der deutsche Bürger ruhig spazieren gehen und seinen liebgewordenen Lebensgewohnheiten nachgehen kann, während anderswo die Völker aufeinanderschlagen, gehört endgültig der Vergangenheit an.“ Ohne Scheu fragte er nach dem Unterschied zwischen dem Satz von Josef Goebbels „Unsere deutsche Heimat liegt dort, wo unsere deutschen Lebensinteressen liegen“ und dem Bundeswehr-Auftrag, „den ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt aufrechtzuerhalten“. Mit Sarkasmus regte Kittner zum Nachdenken an, Zynismus war ihm fremd.
Bei vielen Streiks, Demonstrationen oder den legendären hannoverschen Rote-Punkt-Aktionen war er mit der Gitarre zur Stelle. Sein ganzes Schaffen war eine Ermutigung, Untertanen-Traditionen abzuschütteln, Menschenrechte geltend zu machen (auch und gerade im Betrieb), Solidarität zu üben. Demokratie zu verwirklichen.
Aus seinen Büchern, von seinen Platten werden wir auch in Zukunft Kraft schöpfen können.