Philosoph und Menschenrechtler

Gewerkschafter Dieter Brumm feiert seinen 80. Geburtstag

Der ehemalige Referent für Medienpolitik der IG Medien, Dieter Brumm (Hamburg), war und ist kein Mann des operativen Gewerkschaftsalltags, obwohl ihm beim deutsch-französischen Kulturkanal ARTE gemeinsam mit der französischen Schwestergewerkschaft CFDT in den 90er Jahren das Husarenstück gelang, den ersten europäischen Tarifvertrag im Medienbereich durchzusetzen. Dieter Brumm wird am 22. Juni 2009 80 Jahre alt und feiert mit dem Grundgesetz, das in diesem Jahr 60 Lenze zählt und – wie er – im Gegensatz zur gesellschaftlichen Realität, noch immer in guter Verfassung ist.


Der studierte Philosoph und Kunsthistoriker, der einen geistigen Spagat zwischen Rudi Dutschke (während einer philosophischen Assistenz an der FU in Berlin) und Prof. Martin Heidegger (Uni Freiburg) beherrschte, fand den Zugang zur Mediengewerkschaft über eines seiner Lieblingsthemen, die Medienpolitik. Während seiner Hauptamtlichenzeit in der Rundfunk-, Fernsehen-, Film-Union (RFFU) in München und beim Hauptvorstand der IG Medien in Stuttgart engagierte er sich als gewerkschaftlicher „Lobbyist“ nicht nur in der abstrakten Mediengesetzgebung, sondern prangerte im jährlich erscheinenden Grundrechtereport (Rowohlt) die konkrete, tägliche Zensur an.
Vor dem Engagement für die Gewerkschaft arbeitete er als Journalist, u.a. für den Spiegel, wo er in der geisteswissenschaftlichen Redaktion bedeutende Philosophen wie Adorno, Lukács, Marcuse, Habermas in Spiegelgespräche verwickelte. Als sich Dieter Brumm jenseits der Geisteswissenschaft für mehr Mitbestimmung einsetzte, schasste ihn Rudolf Augstein zusammen mit weiteren Gesinnungsgenossen. Um den Unmut in der Redaktion über die Kündigungen zu besänftigen, führte der Verleger in der Folge sein Beteiligungsmodell ein.
In den Tagen nach der Gewerkschaft hat der Schriftstellerkollege Brumm, der nach wie vor gern Berge der Alpen ersteigt, zusammen mit vier weiteren Autoren an dem Kollageroman „Menschenversuch“ (ISBN 3-00-007341-8) geschrieben und die Erfahrung eines langen Lebens in einem „Gesang zur Unzeit“ (ISBN 978-3-8370-48001 ) verdichtet. Seine Poeme wagen erneut eine Grätsche; zwischen dem kulturkritischen Philosophen und den Emotionen eines betroffenen aber nie aufgebenden Individuums: Sisyphos 2009.
Dieter Brumm wurde am 22. Juni 1929 in Wentorf/Hamburg als Sohn einer bayerischen Beamtentochter und eines Hamburger Kaufmanns geboren. Kurz vor Kriegsende, 1944, wurde er noch in den soldatischen Ersatzdienst „Volkssturm“ gezwungen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »

Für mehr Konfrontation

Die Wahlen zum EU-Parlament endeten – nicht unerwartet – in vielen Mitgliedsstaaten mit einem Rechtsruck. In Frankreich, Italien, Österreich, Belgien, den Niederlanden und anderswo wurden eher euroskeptische, nationalistische, migrationsfeindliche Kräfte der extremen Rechten gestärkt. Auch in Deutschland haben 16 Prozent der Bürger*innen, mehr als sechs Millionen Menschen für die rechtsextreme, völkische AfD gestimmt – trotz NS-Verharmlosungen, China-Spionage und Schmiergeldern aus Russland. Immerhin sorgte die große Protestwelle der letzten Monate, die vielen Demonstrationen für Demokratie dafür, dass die AfD-Ausbeute an den Wahlurnen nicht noch üppiger ausfiel. Noch Anfang…
mehr »